Große Ankündigung, holpriger Start

Seit Sommer 2017 wird das Parlament wissenschaftlich beraten, inwiefern technologische Entwicklungen die Politik betreffen könnten. Doch der Prozess kommt nicht in Schwung: Mehr als die Online-Veröffentlichung des ersten Berichts ist nicht passiert.

Insgesamt 30 Themen haben das Institut für Technikfolgenabschätzung (ITA) der Akademie der Wissenschaften und das Austrian Institute of Technology (AIT) für ihren ersten Bericht an das Parlament ausgewählt. Die Bandbreite auf knapp 60 Seiten reicht von algorithmischer Polizeiarbeit über künstliche Organe bis hin zu einem automatisierten Gesundheitsdaten-Monitoring.

Vertieft, weil besonders interessant, haben die Forscherinnen und Forscher vier Bereiche: künstliches Leben, vertrauenswürdige Blockchains, funktionelle Nahrung aus dem Labor sowie virtuelle und augmentierte Realitäten. „Es geht um technologische Entwicklungen, die zu Gesellschaft und Menschen in Beziehung treten. Dafür soll der Blick geschärft werden, weil die Politik gefordert sein könnte“, sagt ITA-Leiter Michael Nentwich im Interview mit Ö1.

Vertiefende Studien zu einzelnen Themen

Ö1 Sendungshinweis:

Über das Thema berichtet auch das Mittagsjournal am 26.4.2018.

Die Forscherinnen und Forscher beschreiben nicht nur, woran geforscht wird. „Innerhalb dieser kurzen Texte stellen wir auch dar, was die Probleme sein könnten. Warum gibt es gesellschaftliche Fragen, die sich dabei stellen werden? Oder gibt es Chancen, die Österreich wahrnehmen sollte?“ Mit Studien könnten diese Aspekte vertieft werden, um dann dem Parlament Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen. So macht es etwa auch das Büro für Technikfolgenabschätzung des deutschen Bundestags, wie Leiter Armin Grunwald im science.ORF.at-Interview schildert.

Der Bericht des Instituts für Technikfolgenabschätzung (ITA) und des Austrian Institute of Technology (AIT) für das Parlament.

Elke Ziegler, science.ORF.at

Seit November ist der erste Bericht fertig, ob und wie er in den parlamentarischen Prozess einfließt, ist unklar.

Aber, so Michael Nentwich: „Bisher haben wir keinen solchen Auftrag zu einer Studie bekommen. Ich glaube, dass das Parlament dabei ist, einen Prozess aufzusetzen, wie sie zu Themenentscheidungen kommen.“ Und das scheint kompliziert zu sein: Im November 2017 haben ITA und AIT ihren ersten Bericht an das Parlament übermittelt, seither wurde der Bericht auf der auf der Parlamentswebsite veröffentlicht, die Abgeordneten haben eine Information bekommen, dass es ihn gibt.

Parlamentsdirektor Harald Dossi verweist auf die Neuwahlen im Herbst: „Es war natürlich wie bei manchen anderen Themen auch in letzter Zeit etwas schwierig, gewissermaßen in den Normalbetrieb zu kommen. Inhaltliche Fragen werden, davon gehe ich aus, in nächster Zeit wieder zu ihrem Recht kommen.“

Ausschuss-Obmänner schweigen

200.000 Euro auf drei Jahre wurden für die Technikfolgenabschätzung vom Parlament zur Verfügung gestellt, davon sollte ein Drittel in Berichte und zwei Drittel in vertiefende Studien gehen. Bisher wurde aber kein Studienthema ausgewählt. „Allfällige Wünsche zu vertiefenden Studien wären in den zuständigen Ausschüssen zu formulieren und zu präzisieren“, so Dossi. Ein Prozess wie in Deutschland, wo monatliche Treffen zwischen Forschern und Mitgliedern des Forschungsausschusses sowie alle eineinhalb Jahre der gesamte Bundestag zur Themenfindung eingebunden wird, ist nicht vorgesehen.

Im österreichischen Parlament gibt es derzeit zwei Ausschüsse, die sich mit Fragen von Wissenschaft und Forschung beschäftigen - der Wissenschaftsausschuss und der Ausschuss für Forschung, Innovation und Digitalisierung. In keinem dieser Ausschüsse wurde der erste Technikfolgen- und Foresight-Bericht bisher thematisiert. Der Vorsitzende des Ausschusses für Forschung, Innovation und Digitalisierung, Christian Hafenecker von der FPÖ, sagt auf Ö1-Anfrage, dass ein erstes Treffen zu weiteren Schritten bereits stattgefunden habe - welche das sein könnten, diese Nachfrage blieb unbeantwortet.

Elke Ziegler, Ö1-Wissenschaft

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