Der schnellste Wasserkocher der Welt

Auf 100.000 Grad Celsius in 0,000000000000075 Sekunden - so schnell lässt sich Wasser mit einem leistungsstarken Röntgenlaser erhitzen. Das soll Forschern dabei helfen, mehr über die wichtigste Flüssigkeit der Welt zu lernen.

Molekular betrachtet ist Wärme nichts anderes als Bewegung. D.h., wenn man Wasser erhitzt, bewegen sich die Moleküle immer heftiger. Das kann man auf einem Herd machen oder in der Mikrowelle, die die Teilchen direkt in Schwingung versetzt.

„Das Erhitzen mit unserem Laser funktioniert völlig anders“, erklärt Carl Caleman von der Universität Uppsala und vom Deutschen Elektronen-Synchrotron in einer Aussendung. Am US-amerikanischen SLAC National Accelerator Laboratory beschoss das Team um Caleman einen Wasserstrahl mit starken ultrakurzen Röntgenstrahlen. Der Strahl beförderte die Elektronen aus den Wassermolekülen und brachte damit die elektrischen Ladungen aus dem Gleichgewicht. „Die Atome werden dadurch abgestoßen und beginnen sich heftig zu bewegen“, so Caleman.

Ein spezieller Stoff

In weniger als 75 Femtosekunden, das sind 75 Billiardstel einer Sekunde, erreicht das Wasser 100.000 Grad Celsius. Es sei dann nicht mehr flüssig, sondern wechsle in einen vierten Aggregatzustand, in den des Plasmas. Der ähnelt zwar äußerlich dem gasförmigen Zustand, aber im Plasma regieren eben elektrische Kräfte. Weil den Teilchen die Elektronen fehlen, sind sie positiv geladen bzw. ionisiert. Die abgetrennten Elektronen fliegen ebenfalls im Plasma herum.

Video der Wasserteilchen

Beim Erhitzen durch die Laserstrahlen behielt das Wasser allerdings die Dichte einer Flüssigkeit. Die Atome hatte einfach keine Zeit, sich nennenswert zu bewegen, wie die Forscher den überraschenden Effekt beschreiben. Einen derart exotischen Zustand könne man auf der Erde natürlicherweise nirgends finden. „Er ähnelt manchen Plasmen in der Sonne oder im Jupiter, aber hat eine viel geringere Dichte. Gleichzeitig ist das Plasma heißer als der Erdkern“, erklärt Koautor Olof Jönsson von der Universität Uppsala.

Aus den Experimenten wollen die Forscher mehr über Wasser lernen, eine im Allgemeinen sehr merkwürdige Flüssigkeit. Denn sie verhält sich mitunter atypisch, ein klassisches Beispiel ist seine Dichteanomalie. „Wenn Wasser nicht so eigenartig wäre, wäre vieles auf der Erde nicht so, wie es ist, das gilt auch für das Leben“, betont Jönsson.

Eva Obermüller, science.ORF.at

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