Delfine werden als Haiköder gejagt

Manchmal sind sie Beifang im Netz, aber häufiger noch werden sie gezielt gejagt: 42 Arten von Meeressäugetieren, vornehmlich Delfine und Tümmler, werden von Fischern als Köder benutzt.

Das zeigt eine Überblicksstudie, die sich Hinweise auf diese Praxis in Forschungsarbeiten aus den letzten vier Jahrzehnten angesehen hat.

Studienautorin Vanessa Mintzer von der Universität Florida hat vor gut zehn Jahren während ihrer Forschung an Botos (Flussdelfinen im Amazonas) bemerkt, dass sie als Köder dienen: „Manche Fischer sagen, dass Delfinfleisch ein hervorragender Köder ist, es ist fettreich, riecht intensiv, und es ist sehr robust, zersetzt sich nicht leicht und bleibt sehr lange am Haken.“ Mittlerweile schwinden die Populationen der Botos dramatisch.

Meeresäuger überall im Visier

Und die Studie zeigt, es ist lange nicht nur am Amazonas so - Hinweise auf Delfinköder fanden sich in 33 Ländern: “Unsere Überblicksarbeit zeigt, dass das eine weltweit verbreitete Praxis in kleinen Fischereien ist, aber wir habe kaum Informationen dazu, wie viele Delfine dabei getötet werden.“

Ö1-Sendungshinweis

Über das Thema berichteten auch die Ö1-Journale, 11.6., 8:00 Uhr.

Man wisse jetzt nur, dass es ein Problem gibt. Man weiß aber nicht, wie groß es ist. Definitiv sind auch gefährdete Arten unter den als Köder gejagten Delfinen. Ob sie alleine deswegen gefährdet sind, könne man nach heutigen Datenlagen nicht sagen – erschwert wird das natürlich dadurch, dass die illegale Köderjagd unkontrolliert passiert und verheimlicht wird.

Die Studie ist daher ein Aufruf genauer hinzuschauen, besonders für Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen im Feld. Lateinamerika und Asien sind die Hotspots. Vor allem im Haifang, der die große Nachfrage aus Asien bedienen soll, würden Delfine und andere bedrohte Meeressäuger oft zum Köder. Dass in den meisten Ländern die Gesetzeslage die Jagd auf gefährdete Delfinarten verbietet, hilft nicht viel, beklagt Vanessa Mintzer.

Andere Wahrnehmung

Für viele der Fischer seien Delfine nicht herzige und intelligente Exoten, wie wir sie in Europa oder Amerika vielleicht sehen, sondern alltägliche Mitbewerber um die immer weniger werdenden Fische in vielen Fanggebieten. Aber genau dort könnte man ansetzen, erklärt die Meeresbiologin.

Es gebe ein gut dokumentiertes Fallbeispiel von Krabbenfischern in Tierra del Fuego in Argentinien und Chile, die bis in die späten 1980er Jahre mindestens zwölf Arten von Meeressäugern gejagt haben. Dort haben Bildungsangebote und Förderungen für Fischer sowie ein Angebot von anderen Ködern aus Schlachthäusern es geschafft, dass heute praktisch keine Meeressäuger mehr gejagt würden, erzählt Mintzer.

Wenn also die Forschung Daten und Schätzungen liefert und irgendwann dann auch die Politik ein Augenmerk auf das Problem richtet, könnte man durchaus Alternativen für die betroffenen Fischer finden.

Isabella Ferenci, Ö1-Wissenschaft

Mehr zu dem Thema: