Alleinerzieher auf verlorenem Posten

Wenn ein Elternteil fehlt, kann es im Tierreich für den Nachwuchs schwierig werden - das gilt besonders für Blaumeisen: Hier kämpfen Alleinerzieher oft erfolglos um das Überleben ihrer Küken.

Wenn beide Eltern für die Brut sorgen, stirbt zwar meist auch ein Teil des aus 8 bis 15 Eiern bestehenden Geleges. Zumindest aber bringen die Blaumeisen-Eltern gemeinsam praktisch immer einige Küken so weit durch, dass sie etwa drei Wochen nach dem Schlüpfen ausfliegen können.

Ist nur mehr ein Elternteil vorhanden, stirbt indes in jedem dritten Fall die gesamte Brut, berichten Forscher vom Max-Planck-Institut für Ornithologie im oberbayerischen Seewiesen in einer aktuellen Studie.

Verschwundene Elternvögel

Die Wissenschaftler Peter Santema und Bart Kempenaers hatten über sieben Jahre 684 Nester in einem bestimmten Gebiet beobachtet. Sie versahen alle erwachsenen Blaumeisen dort mit einem Mikrochip-Transponder und bauten in allen Nestboxen ein automatisches Überwachungssystem ein. Damit konnten sie jeden Besuch eines Vogels aufzeichnen.

In den Nestern, in denen die gesamte Brut starb, war fast durchweg überraschend eines der Elternteile verschwunden. „Bis auf eine Ausnahme sind alle verschwundenen Vögel nie wieder im Studiengebiet aufgetaucht“, sagte Studienleiter Bart Kempenaers. Dass die Tiere einfach Brut und Partner verlassen hätten, sei somit unwahrscheinlich.

Sperber fressen Meisen

Die Forscher vermuten, dass der verschwundene Elternteil jeweils gefressen wurde. Das ständige Fliegen zum und vom Nest mache die Eltern anfällig für Feinde aus der Luft, vor allem Sperber. Blaumeisen werden ohnehin leicht Opfer: Nur rund 40 bis 45 Prozent der Tiere brüteten auch im nächsten Jahr wieder, berichten die Forscher. Vermutlich hätten die Übrigen nicht überlebt.

Weibchen verschwinden der Analyse zufolge häufiger - und alleinerziehende Männchen haben es besonders schwer und bringen kaum Küken durch: Die nackten Kleinen können ohne Federn ihre Körpertemperatur nicht selbst halten. „Nur Weibchen haben einen Brutfleck und damit die Möglichkeit, sie warm zu halten“, erklärte Peter Santema, Erstautor der Studie.

science.ORF.at/dpa

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