Wie man Kinder ohne eindeutiges Geschlecht behandelt

Wie soll man Kinder behandeln, deren Geschlecht nicht eindeutig bestimmbar ist? Und soll man das überhaupt tun? Experten haben nun einen Leitfaden für einen einheitlichen medizinischen Umgang mit den betroffenen Kindern erstellt.

Störungen der kindlichen Geschlechtsentwicklung sind in Diagnose, Beratung und Therapie eine große medizinische Herausforderung, heißt es in einer Aussendung der Medizinuni Wien Medizinuni. Anders als früher gilt DSD (differences of sex development oder disorders of sex development) heute als komplexe Erkrankung mit einer Vielzahl von Ausprägungen. Ziel ist eine interdisziplinäre Behandlung je nach Alter und Ausprägung, und nicht mehr die sofortige operative Geschlechtsanpassung.

In dem Consensus-Paper der Experten steht, dass Diagnose und Therapien ausschließlich an spezialisierten medizinischen Zentren vorgenommen werden sollen. Auch die Etablierung eines prospektiven Registers vereinbart, also einer multidisziplinären und internationalen Datenbank. Alexander Springer, Kinderurologe an der Klinischen Abteilung für Kinderchirurgie der Medzinuni Wien: „Damit haben wir den Grundstein gelegt, europaweit eine einheitliche Behandlung zu etablieren.“

50 Kinder in Österreich

Menschen, die an DSD leiden, wurden früher als „intersexuell“ bezeichnet. Damit ist gemeint, dass es bedingt durch genetische, anatomische oder hormonelle Ursachen nicht eindeutig möglich ist, dem weiblichen oder männlichen Geschlecht zugeordnet werden zu können. Im Unterschied dazu werden transsexuelle Menschen medizinisch gesehen als biologisch eindeutig definiert, meinen aber, aus subjektivem Empfinden, dem anderen Geschlecht anzugehören. Man geht davon aus, dass ca. jedes 1.500. Neugeborene an DSD leidet. In Österreich wären das ca. 50 Kinder pro Jahr.

Um die Behandlung der Betroffenen zu verbessern, wurde von führenden medizinischen Experten, Selbsthilfegruppen und betroffenen Erwachsenen als Resultat eines dreijährigen Forschungsprojekts ein neues Consensus-Papier zum Thema DSD in Europa erarbeitet. „Das Ziel war, eine ganzheitliche Perspektive auf das weite Feld der DSD zu etablieren und dabei alle Bereiche des Lebens wie Sexualität, Arbeitsleben und Kinderwunsch mitzudenken“, hieß es in der Aussendung.

science.ORF.at/APA

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