Klimafreundlich: „Astronautennahrung“ für Kühe

Derzeit wird rund die Hälfte aller auf Ackerland hergestellten Proteine an Rinder und andere Nutztiere verfüttert. Forscher schlagen nun eine Alternative vor, die umwelt- und klimafreundlich sein soll: in Industrieanlagen gezüchtete Kleinstorganismen.

„Astronautennahrung für Kühe“ nennt dies das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) griffig. Am PIK arbeitet Benjamin Bodirsky, ein Mitautor einer soeben erschienenen Studie. Industriell hergestelltes Proteinpulver aus Bakterien, Hefen, Pilzen oder Algen könnte ihrzufolge proteinreiche Ackerpflanzen wie Sojabohnen ersetzen.

Studie

„Decoupling Livestock from Land Use through Industrial Feed Production Pathways“, Environmental Science and Pollution Research, 20.6.2018

Für die Studie hatten die Forscher Modellrechnungen zum wirtschaftlichen Potenzial und zu Umweltauswirkungen der mikrobiellen Proteinproduktion untersucht. Würden zwei Prozent des Viehfutters durch Mikrobenproteine ersetzt, könnten demnach rund sechs Prozent der Ackerfläche, sieben Prozent der Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft und acht Prozent der globalen Stickstoffverluste eingespart werden.

Eine Idee aus dem Kalten Krieg

„Entwickelt wurde diese Methode ursprünglich während des Kalten Krieges für die Raumfahrt. Energie, Kohlenstoff und Stickstoffdünger werden dabei im Labor zur industriellen Produktion proteinreicher Mikroben eingesetzt", erklärt Ilje Pikaar von der University of Queensland in Australien. Mittlerweile sind die Menüs an Bord etwa der Internationalen Raumstation ISS deutlich üppiger und abwechslungsreicher geworden.

Bei Nutztieren könnten die Mikrobenproteine aber eine Reihe von Vorteilen haben. Die Futtermittelproduktion könnte von der Anbaufläche entkoppelt werden und somit Verschmutzung verhindern. Die Forscher vermuten außerdem, dass die Mikroben das Wachstum der Nutziere und die Milchproduktion verbessern könnten.

„Da die Produktion recht günstig ist, dürfte sich mikrobielles Protein als Kraftfutterersatz auch ohne Subventionen durchsetzen“, sagte Bodirsky. Der Deutsche Bauernverband etwa zeigte sich interessiert an den Forschungsergebnissen.

“Astronautennahrung für jedermann“

Die „Astronautennahrung für Kühe“ alleine reicht nicht aus, um die Landwirtschaft nachhaltig zu ändern, heißt es von Seiten des PIK. Dazu seien große strukturelle Veränderungen im Agrar- und Ernährungssystem nötig.

"Für unsere Umwelt und das Klima, aber auch für die eigene Gesundheit haben wir auch die Option, tierische Produkte teilweise durch das Essen von mehr Obst und Gemüse zu ersetzen“, sagt Alexander Popp vom PIK. „Und nach weiteren Fortschritten in der Technologie könnte mikrobielles Protein aus dem Labor auch ein direkter Bestandteil unserer Ernährung werden - Astronautennahrung für jedermann“.

science.ORF.at/dpa

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