Frauen auf den Mars!

Eine Frau als erster Mensch am Mars - diese Vorstellung wirkt auch heute noch bemerkenswert. Frauen im Weltall sollten aber selbstverständlich sein, meint eine Filmwissenschaftlerin.

Zum 50. Jahrestag der ersten Weltraumkonferenz bei den Vereinten Nationen in Wien haben - genau wie damals - diese Woche auch Delegierte aus aller Welt Pläne für die Zukunft der Raumfahrt geschmiedet. Beim ersten Gipfel 1968 hat sich wohl niemand Gedanken gemacht, wie man mehr Menschen aus Entwicklungsländern oder mehr Frauen in die Weltraumindustrie bringen könnte.

Ö1-Sendungshinweis

Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 22.6., 13:55 Uhr.

Denn in der Zeit noch vor der Mondlandung war der Weltraum ein unmöglich scheinender Traum für fast alle. Aber für manche war er ganz bestimmt unmöglich, wie die Filmwissenschaftlerin und -macherin Jan Millsapps gerne klarstellt: “Frauen wurden aktiv entmutigt, sich damit zu beschäftigen“. In ihrer Dokumentation „Madame Mars“ zeigt sie zum Beispiel einen Brief, den die NASA an Mädchen und Frauen geschickt hat, die in den 1960er Jahren angefragt hatten, wie sie Astronautin werden könnten. Die ernüchternde Antwort der NASA war zumindest eindeutig: gar nicht, es gäbe keinerlei Interesse an weiblichen Raumfahrern.

Weltraum: Inspiration auch für Mädchen

Eine Botschaft und ein kulturelles Erbe, das bis heute Spuren hinterlässt, meint Millsapps. Erst in den 1980er Jahren, zwanzig Jahre nach Russland, schickten auch die USA die ersten Frauen ins All. In vielen Ländern der früheren Sowjetunion studieren dabei auch heute noch anteilsmäßig mehr Frauen technische und naturwissenschaftliche Fächer als in so manchen klassisch-westlichen Staaten, wie auch ein UNESCO Bericht zeigt – natürlich nicht alleine deswegen, Russland habe eine Tradition, Mathematik und Naturwissenschaft nicht als rein-männlich zu besetzen.

Wenn also Jan Millsapps gewissermaßen dazu aufruft, den nächsten großen Meilenstein der bemannten Raumfahrt in Frauenhand zu legen, geht es ihr dabei nicht darum, wer den ersten Fuß auf den Mars setzt, sondern welche Geschichte diese Aufnahmen und Bilder erzählen würden: „Es geht nicht nur darum, wer in den Weltall fliegt. Dahinter stehen auch tausende gut bezahlte und spannende Jobs in einer riesigen Weltraumindustrie, an die viele Mädchen gar nicht als Möglichkeit denken.“

Genügend weilbliche Expertinnen

Mittlerweile gibt es etliche Frauen, die arktische Testexpeditionen betreuen oder komplexe wissenschaftliche Missionen leiten, nur im Rampenlicht stehen solche Technikerinnen und Wissenschaftlerinnen eben nicht. Es sei auch landläufig kaum bekannt, dass eine Frau – Donna Shirley - den ersten NASA-Marsrover entworfen und gegen einigen Widerstand durchgesetzt hat. Und bevor sich Filme und Bücher damit beschäftigt haben, war auch die Rolle der Mathematikerinnen im frühen Weltraumprogramm der USA kaum bekannt.

In der Öffentlichkeit zeigt sich vor dem abenteuerlichen Hintergrund des Universums oft ein Bild: eine Gruppe von Männern, heute immerhin hie und da eine oder zwei Frauen mit dabei - auffällig wie ein Farbklecks. Und das ist eine Hürde, die bei Mädchen anders als bei Buben den Unterschied zwischen dem fantastischen Traum und dem erreichbaren Ziel vom Weltraum ausmachen kann: „Es ist fast so als ob es etwas ganz Besonderes ist, wenn man als Frau in der Weltraumforschung arbeitet. Und es sollte nicht diese besondere Sache sein, sondern einfach etwas, das Leute eben tun.“ Frauen und Männer gleichermaßen müssten sehen, wie Frauen all diese Dinge längst tun, sagt Jan Millsapps. Es gebe jedenfalls genügend Frauen, die eine Mission zum Mars abwickeln können.

Weltall für alle, wenn die Welt für alle ist?

Im Prinzip ist Millsapps Film „Madame Mars“ zum Großteil eine Kurzdokumentation über eine mögliche Reise zum Mars - nur, dass die Erklärungen und Einschätzungen allesamt von Frauen kommen. Die Erstaufführung am Rande der UNO- Weltraum-Jubiläumskonferenz UNOOSA +50 begeisterte zahlreiche der Frauen, die die Einstiegshürde in die Weltraumforschung und -industrie genommen haben.

Eine australische Astronomin meinte etwa, man sollte den Film gleich in allen Schulen zeigen. Bemerkenswert war aber auch der herzliche Dank, den die Expertenrunde zu „Frauen im Weltraum“ an die Männer Plenarsaal gerichtet hatte, die überhaupt im Saal geblieben waren anstatt eine Kaffeepause einzulegen. Denn natürlich könne die Welt nur wirklich offener sein, wenn die erste Frau am Mars für niemanden mehr allzu ungewöhnlich wirkt.

Isabella Ferenci, Ö1-Wissenschaft

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