Niedrigere Blutdruckrichtwerte retten Leben

Ein Blutdruck von unter 130 zu 80: Wie eine umfangreiche Studie zeigt, könnten diese relativ neuen Richtwerte insbesondere jene Menschen schützen, die schon einmal einen Schlaganfall hatten.

Die niedrigen Richtwerte wurden von US-Gesundheitsbehörden im Vorjahr empfohlen und haben danach für viel Kritik gesorgt: Denn sie würden im Vergleich zu der bisher gültigen Definition von Bluthochdruck (140 zu 90) mit einem Schlag Millionen von Menschen zusätzlich als „krank“ definieren.

Dass die niedrigeren Richtwerte medizinisch aber sinnvoll sein können, beweist die neue Studie mit Schlaganfall-Patienten. Denn: Ein hoher Blutdruck ist einer der größten Risikofaktoren für einen Schlaganfall. Als Folge einer Gefäßverengung oder einer Hirnblutung erhalten dabei die Nervenzellen im Gehirn zu wenig Sauerstoff und Nährstoffe, wodurch sie zugrunde gehen.

Die Studie

„Nationwide Impact of the 2017 American College of Cardiology/American Heart Association Blood Pressure Guidelines on StrokeSurvivors“, Journal of the American Heart Association, 6.6.2018.

Ö1-Sendungshinweis

Diesem Thema widmen sich auch die Journale am 26.6., 8 Uhr.

Ein Drittel weniger Tote

Laut der American Heart Association - sprich der US-Herz-Gesellschaft - können mehr als die Hälfte aller Schlaganfälle auf zu hohen Blutdruck zurückgeführt werden. Das weiß auch der Sozialmediziner Michael Kunze von der Medizinischen Universität Wien. „Das gilt natürlich ganz besonders für jene, die schon einmal einen Schlaganfall durchgemacht haben.“ Sie müssten noch mehr auf ihren Blutdruck achten.

Das bestätigt die US-Herz-Gesellschaft nun mit ihrer aktuellen Studie. Demnach würde vor allem diese Gruppe am meisten von strengeren Blutdruck-Richtlinien profitieren - konkret von einem Ziel-Blutdruckwert von unter 130 zu 80. An diesem Wert sollen sich Ärzte in den USA auf Empfehlung der Herzgesellschaft seit 2017 orientieren.

Wie die US-Forscher anhand von mehr als sechs Millionen Patientendaten, die über elf Jahre hinweg gesammelt wurden, zeigen, ließen sich bei einem Blutdruck von unter 130 zu 80 rund ein Drittel der Schlaganfälle mit tödlichem Ausgang vermeiden. „Dieser Beweis mit diesen großen Teilnehmerzahlen ist natürlich absolut überzeugend", sagt Kunze.

Österreichs Zielwerte höher

Zum Vergleich: In Österreich gilt grundsätzlich ein Blutdruck ab 140 zu 90 als erhöht. Aber auch hierzulande streben Ärzte mit Schlaganfallpatienten einen niedrigeren Wert an, der zumindest in Richtung 130 zu 80 geht, erklärt Kunze.

Die Umsetzung in der Praxis gestaltet sich aber zum Teil schwierig. „Es klingt so einfach: ‚Blutdruck runter‘. Aber man kann hier nicht nur ein Rezept schreiben und die Leute wegschicken. Das muss genau kontrolliert und besprochen werden. Man muss nämlich aufpassen, dass man den Blutdruck nicht zu stark senkt. Dann geht es den Leuten nicht gut und sie nehmen dann die Medikamente nicht mehr.“

Neben den richtigen Medikamenten sei es in manchen Fällen notwendig, das Körpergewicht zu reduzieren. Zudem erhöht Rauchen das Schlaganfallrisiko. Wichtig sei es auch, dass Schlaganfallpatienten ihren Blutdruck zu Hause regelmäßig selbst messen, um den tatsächlichen Blutdruck besser ermitteln zu können.

Ruth Hutsteiner, Ö1-Wissenschaft

Mehr zu diesem Thema: