Vienna Humanities Festival startet

„Macht und Ohnmacht“ ist das Generalthema des dritten Vienna Humanities Festivals, das heute Abend beginnt. Bis Sonntag diskutieren Wissenschaftler, Künstlerinnen und Kulturschaffende über Fragen von „Macht und Ohnmacht“.

Eröffnet wird das vom Wien Museum, dem Institut für die Wissenschaften vom Menschen (IWM) und dem europäischen Netzwerk „Time to Talk“ veranstaltete Festival am Donnerstag, 27.9., um 19 Uhr mit einer „Wiener Vorlesung“ von US-Historiker Timothy Snyder im Festsaal des Rathauses.

Ein „urbaner Salon“

2016 versuchte Wien Museum-Chef Matti Bunzl erstmals, das in Chicago seit drei Jahrzehnten erfolgreiche Format nach Wien zu transferieren. „Ich glaube, eigentlich läuft das ganz gut“, zeigte sich Bunzl bei der Programmpräsentation Ende Juni mit den ersten beiden Auflagen zufrieden. Die 4.000 Besucher des vergangenen Jahres wolle man „natürlich weiter überbieten“.

Der Versuch, den Austausch mit führenden Köpfen aus Wissenschaft, Kunst und Kultur zu einem mehrtägigen „urbanen Salon“ zu strukturieren, bezieht mehrere Institutionen am Karlsplatz mit ein, neben Wien Museum, TU, ORF-RadioKulturhaus und der Evangelischen Schule ist erstmals auch das Stadtkino dabei. Die Wienpremiere von Ruth Beckermanns Film „Waldheims Walzer“ im Rahmen des Festivals wird allerdings im Gartenbaukino stattfinden.

Von den rund 40 Veranstaltungen wird rund die Hälfte auf Englisch abgehalten. Man wolle das Bewusstsein dafür schärfen, dass Wien eine besonders vielsprachige, internationale Stadt geworden sei, sagte Dessislava Gavrilova von „Time to Talk“, einem europaweiten Netzwerk und Debattenzentrum von über 20 Kulturveranstaltern und Initiativen. Die Vorträge werden wie die anschließenden Podiumsgespräche und das Q&A mit dem Publikum nicht live gestreamt, aber aufgenommen und später auf YouTube abrufbar sein.

Thematische Vielfalt

Das Motto „Macht & Ohnmacht“ wolle man „in großer thematischer Breite besprechen“, sagte IWM-Rektorin Shalini Randeria bei der Programmpräsentation im Juni. Im Zentrum stünden die Krise der Demokratie, das Erstarken fundamentalistischer Kräfte und die gemeinsame Suche nach Auswegen. Ehemalige Spitzenpolitiker wie Franz Fischler, Ulrike Lunacek und Matthias Strolz sollen über Macht und Ohnmacht von Politikern sprechen („sie sind alle a.D., sie dürfen also offen reden“).

„Mit Ruth Wodak wollen wir über die Macht der Sprache reden, mit Chantal Mouffe über den Linkspopulismus. Wir wollen Macht und Ohnmacht der Frauen reden und darüber, was von der #metoo-Kampagne übrig geblieben ist. Wir werden mit Andreas Treichl über die Macht des Geldes und der Finanzwirtschaft sprechen und freuen uns, dass er erklärt, warum die beschränkt gehört.“

Der ehemalige rumänische Ministerpräsident Mihai-Razvan Ungureanu soll die „Macht der Diplomaten und die Ohnmacht der Spione“ behandeln, „und wir wollen natürlich über Trump und die Außenpolitik der USA reden“, sagte Randeria. Mit den in Wien-Ottakring aufgewachsenen Hip Hoppern Esra und Enes Özmen (EsRAP) geht es ebenso über Kunst und Widerstand wie mit der Kuratorin Marina Davydova, die sich mit dem Fall des unter Hausarrest stehenden russischen Regisseurs Kirill Serebrennikov beschäftigt.

science.ORF.at/APA