Exekutionen in der Jungsteinzeit

Mit Ackerbau und Viehzucht kam in der Jungsteinzeit auch der Krieg nach Europa. Davon zeugen Skelettfunde in Niederösterreich und Sachsen-Anhalt. Diagnose von Forschern: An diesen Orten wurden einst Menschen mit Beilen oder Keulen erschlagen.

Vor 7.500 Jahren entwickelten sich in Mitteleuropa erste Bauernkulturen, die sich Land Untertan machten und feste Siedlungen errichteten. Während es von den Jägern und Sammlern davor keine Anzeichen „kollektiver tödlicher Gewalt“, vulgo Krieg, gibt, häufen sich in der Folgezeit Hinweise auf solche Vorfälle. Dokumentiert wurde das zum Beispiel bei Ausgrabungen in Aspern/Schletz (NÖ) und verschiedenen Fundstätten in Deutschland: Dort haben Archäologen vor einiger Zeit Massengräber von niedergemetzelten Männern, Frauen und Kindern entdeckt.

Während es sich hier wohl um überfallene Dorfbewohner handelte, dürften es bei einem neuen Fund glücklose Angreifer gewesen sein. 2013 bargen Archäologen neun Skelette in Halberstadt, einer Stadt nördlich des Harzgebirges in Sachsen-Anhalt. Ein Team um Kurt Alt vom Zentrum Natur- und Kulturgeschichte des Menschen der Danube Private University in Krems hat sie daraufhin genau untersucht.

Verletzungen am Hinterkopf

Die Ergebnisse wurden nun im Fachblatt „Nature Communications“ veröffentlicht: Die neun Toten waren auf einem Haufen von nur zwei Meter Durchmesser über- und durcheinanderliegend begraben. Gebrochene Gliedmaßen waren nicht geradegerichtet worden, und alle wiesen Schädelverletzungen auf, und zwar am Hinterkopf. Sie stammen von stumpfen Waffen wie Steinbeilen, Keulen oder Ähnlichem, erklärte Alt der APA. Bevor sie verscharrt wurden, sind die Leichen wohl einige Zeit herumgelegen, denn einige der Knochen wiesen Fraßspuren von Tieren auf und manche fehlten ganz - vielleicht wurden sie von einem Aasfresser mitgenommen.

Menschliche Skelette in einer archäologischen Fundstätte

LDA Sachsen-Anhalt / Christian Meyer

Die untersuchten Skelette aus der Jungsteinzeit: farblich markierte Knochen weisen Brüche auf

Bei den Opfern handelt es sich um mindestens sieben Männer, bei zwei Individuen war das Geschlecht nicht mit Sicherheit bestimmbar. Der jüngste war sechzehn bis zwanzig Jahre alt, der älteste dreißig bis vierzig. Sie waren also alle durchwegs recht jung und hatten außer den frischen Verletzungen keine Gebrechen. Die Isotopen-Analyse ihres Zahnschmelzes und der Knochen zeigte, dass sie nicht zur lokalen Dorfbevölkerung gehörten. Genetisch waren kaum Unterscheide feststellbar, sie kamen also vermutlich von nicht allzu weit her, erklärte Alt.

Spuren stumpfer Waffen

„Vor 7.000 Jahren wurde hier also offensichtlich eine Gruppe von jungen und ortsfremden Erwachsenen gezielt zu Tode gebracht“, so die Forscher in einer Aussendung. Der Exekution könnte ein Kampf vorangegangen sein. Die Opfer hatten neben den Schädelverletzungen teilweise auch Brüche an den Armen, Beinen und Rippen, die jedoch von scharfen Waffen stammten.

Die Indizien sprechen jedenfalls dafür, dass es sich um Angreifer gehandelt hat, die gescheitert sind und mit gezielten Hieben durch stumpfe Waffen jeweils auf den Hinterkopf der Reihe nach exekutiert wurden. Ein Individuum - ein 162 Zentimeter großer Mann von 25 bis 35 Jahren - wurde mit besonderer Aufmerksamkeit bedacht, sein Schädel weist rundherum mehrere tödliche Traumata auf. „Vielleicht hat er es zuvor besonders arg getrieben und dann dafür die Quittung erhalten“, meint Alt.

science.ORF.at/APA

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