Gingen die Römer auf Walfang?
Zwei Grauwale und drei Glattwale wurden den Forschern und Forscherinnen zufolge in der Fischfabrik in Baleo Claudia verarbeitet. Die Ruinen von Baleo Claudia befinden sich in der Nähe der heutigen Stadt Tarifa in Andalusien an der Straße von Gibraltar. Dass die alten Römer dort einst Fischfang betrieben, ist unbestritten: Hunderte Fabriken mit Wasserbecken zeugen von einer Fischverarbeitungsindustrie, die das ganze Römerreich mit ihren Produkten belieferte.
Möglicherweise machten die Römer auch Jagd auf große Meeressäuger. Das legen die gefundenen Walknochen jedenfalls nahe. „Entweder man hat die Wale gejagt oder gestrandete Tiere verarbeitet“, sagt Archäologin Camilla Speller von der Universität York, die die Funde gemeinsam mit einem Team aus Archäologen und Biologen veröffentlicht hat.
D. Bernal-Casasola, University of Cadiz
Dass es die Wale überhaupt ins Mittelmeer verschlagen hat, ist überraschend. Denn Grau- und Glattwale bewegen sich normalerweise nicht in dieser Region. Und bisher gingen Forscher davon aus, dass diese Arten dort auch nie heimisch waren.
Wanderung in geschütztes Becken
Heute lebt der bedrohte Glattwal nur noch an der nordamerikanischen Ostküste. Der Grauwal ist im 17. Jahrhundert aus dem Atlantik verschwunden und nur noch im Pazifik zu finden.
Studie
”Forgotten Mediterranean calving grounds of grey and North Atlantic right whales:evidence from Roman archaeological records ”, Proceedings of the Royal Society B, 11.7.2018
„Die beiden Arten waren offenbar einmal Teil des marinen Ökosystems im Mittelmeer. Wahrscheinlich sind sie in das geschützte Becken gekommen, um zu kalben“, sagt Speller.
Ihre Kollegin Ana Rodrigues vom französischen Zentrum für wissenschaftliche Forschung CNRS ergänzt: „Die Römer hatten nicht die Technologie, um auf hoher See Wale zu jagen. Wenn sich aber Walkühe und ihre Kälber nahe an der Küste bewegten, wäre das Fangen möglich gewesen.“ Die Jagd könnte wiederum der Grund dafür gewesen sein, dass sich die Tiere schließlich aus dem Mittelmeer zurückzogen, vermuten die Forscherinnen.
Katharina Gruber, Ö1-Wissenschaft