Mit Origami Krebs bekämpfen

Papierkraniche und kleine Schachteln - damit bringt man Origami eher in Verbindung als mit Wissenschaft. Doch die Faltkunst beschäftigt mittlerweile auch Mediziner und Ingenieure: Ein Anwendungsgebiet ist die Krebstherapie.

Noch ist es ein Prototyp. Die aus Griechenland stammende Ingenieurin Katerina Mantzavinou, Doktorandin am renommierten MIT in den USA, hat ein Gerät mitentwickelt, das die Krebstherapie für Patientinnen mit Eierstockkrebs verbessern könnte.

Mantzavinou forscht in einem Nischengebiet: entfaltbare Strukturen und ihre möglichen Anwendungen in der Medizin. So kann man durch einen winzigen Einschnitt kleingefaltete Objekte in den Körper bringen, die sich dann innen zu voller Größe aufspannen – zum Beispiel an den Eierstöcken.

Eine Idee entfaltet sich

Eierstockkrebs gehört zu einer der Krebsarten mit schlechten Prognosen, meist wird operiert um bösartige Tumore zu entfernen, alle Zellen erreicht man dabei kaum – weshalb darauf eine langwierige Chemotherapie mit vielen Nebenwirkungen folgt. Viele dieser Belastungen könnte man den Patientinnen ersparen, wenn man die Medikamente direkt an das Gewebe bringen könnte, wo sie wirken sollen – und zwar ohne weitere belastende Eingriffe (siehe Video). Und die möglichen Anwendungen gehen weit darüber hinaus.

Ö1-Sendungshinweis

Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 12.7., 13:55 Uhr.

„Die Idee geht eigentlich zurück auf eine Arbeit während meines Bachelorstudium in Harvard“, sagt Mantzavinou. Um Babys, deren Zwerchfell sich nicht richtig geformt hatte, zu helfen, wollte eine Projektgruppe ein Gerüst schaffen, auf dem neues Gewebe wachsen kann, das aber gleichzeitig mit dem Kind mitwachsen kann.

Falttechniken schienen Mantzavinou die mögliche Lösung zu bieten: „Ich hatte bis dahin eigentlich kaum mehr Interesse an Origami als hier und da kleine Tiere oder Schachteln zu falten. Damals habe ich angefangen, mich mit Faltkunst in Designarbeiten zu beschäftigen.“

Inspiration für die Raumfahrt

In gefaltetem Textildesign oder Architektur geht es dabei weniger darum, ein fertiges 3D-Objekt zu erschaffen, sondern um die Mathematik hinter Strukturen, die sich auf- und wieder zumachen lassen, also beweglich sind.

Mittlerweile gibt es von Origami inspirierte Kleinroboter oder faltbare Solarsegel, aber trotz der vielfältigen Anwendungsgebiete ist Falten immer noch eher ein Randthema der Ingenieurswissenschaften.

Die Techniken würden heute noch nicht wirklich umfassend gelehrt, meint Mantzavinou. Lehrstühle für Falttechniken oder Faltwissenschaften als eigenes Fach gebe es noch nicht, seit einigen Jahren finde immerhin eine internationale Konferenz für Origami in der Wissenschaft (OSME) statt.

Dort versammeln sich die vereinzelten Enthusiasten aus unterschiedlichsten Fachgebieten, von Mathematik bis Biologie. Wie sich zum Beispiel Proteine oder Gehirnstrukturen falten, ist ebenso noch unzureichend verstanden wie die möglichen Anwendungen dieser Prinzipien.

Kreative Designs möglich

Darum auch wohl setzt auch die NASA mitunter immer noch auf offene Aufrufe an Origamifreunde, um an Problemen zu tüfteln. Sie sollen mit ihrer jahrelang geübten Intuition fürs Falten Herangehensweisen finden, die wissenschaftlich noch nicht aufgearbeitet sind, etwa für Solarsegel, Reflektoren oder Hitzeschilder. Bewegliche und wandelbare Strukturen bieten neue, kreative Möglichkeiten: im weiten Weltraum und im beengten Innenraum des Körpers.

Isabella Ferenci, science.ORF.at

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