Gefährliches Doppelleben einer Hefe

Eine Hefepilzart, die besonders häufig zu Pilzinfektionen beim Menschen führen kann, ist laut neuer Genanalyse genau die gleiche, die in alltäglichen Lebensmitteln vorkommt. Gefährlich ist der Pilz für Menschen, die ein geschwächtes Immunsystem haben.

Ohne ihn gibt es keine nutzbaren Kakaobohnen und kein Sauerteigbrot - auch in Bier, Wein, Marmelade und anderen Lebensmitteln ist er häufig zu finden, gerade auch wenn sie schon verdorben sind - der Hefepilz Pichia kudriavzevii. Die Medizin kennt ihn aber unter dem Namen Candida krusei.

Eindeutig vom selben Schlag

Dass diese Hefepilze sehr nahe verwandt sind, weiß man schon länger. Nur sei diese Information nicht so ganz durchgedrungen zur Biotechnologie , die ihn anwendet, und zur Medizin, die ihn bekämpft, und die jeweils an ihren vermeintlichen Varianten forschen, sagt Genetiker Ken Wolfe vom University College Dublin in Irland: „Es besteht eine gewisse Misskommunikation zwischen den Taxonomen, die die Hefen einordnen , und denen die in ihren Gebieten daran forschen.“ Sein Vorschlag: in Zukunft nur noch einen Namen der Art zu verwenden.

Ö1-Sendungshinweis

Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 20.7., 13:55 Uhr.

Die neue Studie, erschienen im Open-Access-Journal „PLOS Pathogens“, sollte jetzt jede Unklarheit ausräumen: Es hätte immer noch sein können, dass Pichia kudriavzevii und Candida krusei nur sehr nahe Verwandte sind. Aber die genetische Analyse zeige deutlich, dass sie dieselbe Art sind. Zwar unterscheiden sich der bei Erkrankten und der in der Umwelt vorkommende Stamm in ihrer DNA um etwa 0,4 Prozent, das sei aber noch deutlich in der Schwankungsbreite, die man bei Hefen derselben Art zulässt und erwarten kann. Für den menschlichen Körper jedenfalls seien sie ein und dasselbe, sagt Ken Wolfe. Darum wohl sei es die fünfthäufigste Hefepilzinfektion, wenn doch der Pilz in unserem Essen steckt.

Ein Bäcker knetet Brotteig

APA/dpa-Zentralbild/Jens Büttner

Der Pilz ist u.a. in Brotteig enthalten

Bessere Forschung durch mehr Zusammenarbeit

Für gesunde Menschen ist das nicht sonderlich riskant, aber für Menschen, die ein geschwächtes Immunsystem haben, kann es zu einem Pilzbefall der inneren Organe kommen. Das ist ein mitunter lebensbedrohliches Risiko für Menschen, die nach Transplantationen Immunsuppressiva bekommen, oder auch für Menschen mit HIV/AIDS – für jeden, dessen Immunsystem gerade nicht richtig funktioniert.

Ken Wolfe wünscht sich, dass die Forschung endlich einen einheitlichen Namen verwendet und dann vielleicht auch besser zusammenarbeitet. Denn in der Biotechnologie wird Pichia kudriavzevii für seine Eigenschaften geschätzt, extreme Säure und Hitze aushalten zu können, und wird zum Beispiel in der Herstellung von Bioethanol eingesetzt. Entsprechend viel werde daran herumprobiert, welche Gene man ausschalten kann, um bessere oder andere Ergebnisse zu erzielen. Diese Erfahrungen auch auf medizinische Fragen anzuwenden, könnte durchaus zielführend sein.

Resistent gegen Antipilzmittel

Die Bestätigung, dass wohl der Stamm aus der Umwelt, die Infektionen auslöst, biete Grund zu mehr Wachsamkeit. Denn die Art insgesamt ist schon resistent gegen ein bestimmtes Antipilzmittel (Fluconazol), aber manche Populationen sind multiresistent gegen mehrere Medikamente. Auf offizieller Seite sollte man daher überlegen, öfter Lebensmittel, die den Pilz enthalten, daraufhin zu prüfen, ob sich ein Stamm vermehrt, der noch schwieriger zu behandeln wäre, schlägt der Genetiker vor.

Verbieten natürlich kann man die Hefeart nicht, einerseits weil sie überall vorkommt, andererseits weil sie teilweise für charakteristische Eigenschaften wie den Geschmack mancher Lebensmittel mitverantwortlich sein dürfte.

Isabella Ferenci, Ö1-Wissenschaft

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