Was sich unter Gletschern verbirgt

Tief unter den Eismassen der Gletscher ist es kalt und dunkel - doch Leben gibt es dort trotzdem. Welche Art von Leben das ist, wollen nun Gletscherforscher und Genetiker herausfinden.

Vier Jahre lang sollen Wissenschafter sich zu Gletscherbächen in Alaska, dem Himalaya, den Anden, Grönland, Skandinavien, dem Pamir, der Kamschatka, dem Kaukasus, in Neuseeland und den Alpen aufmachen, wie die ETH Lausanne berichtet. Sie werden sich dabei auf die Entnahme von Biofilmen konzentrieren. Diese bestehen aus Mikroben und bilden in den Bächen eine dünne, schleimige Schicht an der Oberfläche der Sedimente.

Verlust durch Klimawandel

Mit der groß angelegten Sequenzierung von der Mikroben-DNA wollen die Forschenden die Struktur und Funktionsweise des Mikrobioms dieser Biofilme entschlüsseln. Dies erlaubt den Forschern einerseits einen Blick in die Vergangenheit. Alte genetische Marker könnten aufzeigen, wie sich Mikroben im Laufe der Zeit entwickelten und welche Anpassungsstrategien sie hatten.

Andererseits geht es auch um die Zukunft. So wollen die Glaziologen verstehen, wie Klimawandel und Gletscherschwund die Biofilme beeinflussen und welche Rolle ihnen im Ökosystem der alpinen Fließgewässer zukommt. Alles dreht sich dabei um die Frage, was - außer Wasser - geht verloren, wenn die Gletscher weiter schmelzen?

Himalaya: Bergsteiger auf einem Eisfeld

Sander Meijer

Auch Expeditionen in den Himalaya sind geplant

Bis in 25 Jahren dürfte laut der Mitteilung die Hälfte der kleinen Gletscher in der Schweiz verschwunden sein. Dasselbe gilt für die davon gespeisten Fließgewässer und das Leben darin. „Das bessere Verständnis der mikrobiellen Lebensverhältnisse dieser vom Verschwinden bedrohten Ökosysteme ist somit unsere Pflicht gegenüber zukünftigen Generationen“, betont Tom Battin, Direktor des Labors zur Erforschung von Biofilmen und Gewässerökosystemen der ETH Lausanne und wissenschaftlicher Leiter des Projekts.

DNA-Bibliothek geplant

Das Projekt startet offiziell am 1. August im Zusammenhang mit der Eröffnung des Forschungszentrums für alpine und extreme Umgebung in Sitten. Die erste Expedition startet im Februar 2019.

Der Himalaya-Experte Mike Styllas wird das Team führen, ihm zur Seite stehen zwei Gebirgsspezialisten aus Kanada und Italien. Die Vorbereitungen beginnen diesen Sommer in den Schweizer Alpen. Für die Genetik wird die Forschungsgruppe von Paul Wilmes der Universität Luxemburg beigezogen. Unterdessen wird Michael Zemp, Forschungsmitarbeiter der Universität Zürich, den Bereich Glaziologie abdecken.

Battin will die aus den Gletscherbächen entnommenen DNA-Stücke zu einer genetischen Bibliothek Bibliothek zusammenführen. Sie könnte künftigen Wissenschaftlern als Kartografie des heutigen Zeitalters dienen.

science.ORF.at/APA/sda

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