Wie Zimmerpflanzen die Nase prägen

Unzählige Bakterien wohnen in und auf uns. Auch in der Nase: Die dort lebenden Mikroben beeinflussen den Geruchssinn - und unterhalten offenbar überraschende Verbindungen zu Zimmerpflanzen. Ein Forschungsteam der Uni Graz geht dem nun auf den Grund.

Um das Mikrobiom im Darm ist in den vergangen Jahren ein richtiger Hype entstanden: Studien zeigten, wie es unsere Gesundheit und auch unser psychisches Wohlbefinden beeinflusst, und auf den Markt kamen immer mehr frei käufliche Produkte – sogenannte Probiotika – die versprechen, den Bakterienhaushalt im Darm zu verbessern.

Forum Alpbach

Beim Europäischen Forum Alpbach geht es heuer um „Diversität und Resilienz“ - und da passt das Mikrobiom bestens dazu: Es ist höchst vielfältig.

Unser Körper beherbergt mehrere tausend Arten von Mikroben, mehrere hundert verschiedene Bakterien-Stämme siedeln in unserer Nase und allein auf unserer Haut leben mehr Mikroorganismen als Menschen auf der Erde – und das ist gut so. „Ein gesunder Körper wählt aus, welche Mikroorganismen mit uns auf der Haut vergesellschaftet sind oder in unserem Darm residieren dürfen“, erklärt Christine Moissl-Eichinger.

Wie der Körper seine mikrobielle Diversität kontrollieren kann, ist Thema ihres Seminars beim Europäischen Forum Alpbach.

Auch die Nase hat es in sich

Nicht nur im Darm, auch auf der Haut, in der Lunge und in der Nase tummeln sich Mikroorganismen. Doch diese Mikrobiome sind noch nicht so gut erforscht. Letzterem – dem Nasenmikrobiom – widmen sich Mikrobiologinnen und Psychologinnen in Graz.

Im Frühling hat das Team in einem Projekt mit 67 Testpersonen herausgefunden, dass die Zusammensetzung der Mikroorganismen in der Nase von Mensch zu Mensch verschieden ist und dass damit auch zusammenhängt, wie gut wir Gerüche wahrnehmen.

Riechstörung mit Bakterien behandeln?

Basierend auf den Ergebnissen (veröffentlicht im Jänner 2018 in den „Scientific Reports“) geht die Forschung in Graz zum Nasenmikrobiom weiter: Man möchte herausfinden, ob man damit eine Riechstörung behandeln kann, schildert Christine Moissl-Eichinger, Professorin für Interaktive Mikrobiomforschung an der Medizinischen Uni Graz, im Gespräch mit science.ORF.at. „Wir möchten schauen, wie der Geruchssinn mit dem Mikrobiom in der Nasenschleimhaut zusammenhängt.“

Die Studie ist angelaufen, aber es werden noch Testpersonen gesucht: Menschen zwischen 18 und 45 Jahren, die zum Beispiel infolge einer Infektion oder durch ein traumatisches Erlebnissen ihren Geruchssinn verloren haben.

Betroffene PatientInnen können sich unter DieNase@uni-graz.at melden

Im Rahmen der Studie bekommen die Testpersonen Gerüche vorgesetzt, die sich eigentlich nicht riechen können. Immer und immer wieder – so könne man lernen, den Geruch wieder wahrzunehmen, schildert die Mikrobiologin: „Das ist eine erprobte Therapie, die sehr gut funktioniert. Im Rahmen unserer wollen wir Studie untersuchen, welche Mikroben sich mit dieser Therapie verändern.“

Nachhilfe fürs Nasenmikrobiom

Mehrere hundert verschiedene Bakterien-Stämme siedeln in unserer Nase. Doch wie entsteht der individuelle Mix? Beim Darm ist es vor allem die Ernährung sowie Medikamente (allen voran Antibiotika). Bei der Nase ist sich die Wissenschaft noch uneins, meint Moissl-Eichinger, die Forschung dazu sei noch zu jung, um klare Antworten zu liefern.

„Wir gehen davon aus, dass das Nasenmikrobiom im unteren Bereich der Nase von der Umwelt beeinflusst werden kann - dort schlägt sich nieder, was wir einatmen, sei es über Mikroorganismen in der Luft, oder auch indirekt über die Feuchtigkeit der Luft.“ Ob ein tiefer Atemzug im Kuhstall dem Mikrobiom förderlich sei? Da muss die Mikrobiologin lachen: Wenn man das Risiko von Resistenzen außer Acht lasse, sei Luftholen in der Natur nie schlecht.

Pflanzen für gesunden Bakterienmix

Dass pflanzliche Kost (im Sinne einer abwechslungsreichen und ballstoffhaltigen Ernährung) gut fürs Darmmikrobiom ist, weiß man. Aber auch Zimmerpflanzen tragen ihres dazu bei, berichtet die Mikrobiologin Moissl-Eichinger der Medizin Uni Graz: „Pflanzen im Büro sind großartig! Wir konnten in Studien zeigen, dass Pflanzen ein gesundes Mikrobiom in Innenräume bringen.“

Grünlilie im Blumentopf

Marc Tirl dpa/lhe

Forschungsobjekt Grünlilie

Dazu laufe gerade eine Studie in Grazer Spitalsabteilungen bzw. in Wartebereichen: Es wird untersucht, ob Pflanzen im Spital unter kontrollierten Bedingungen die Vielfalt an gesunden Mikroorganismen heben können, schildert die Mikrobiologin. Testpflanze ist unter anderem die aus vielen Büros bekannte Grünlilie. Doch nicht zu viel des Guten: Die Testpflanzen sind nicht in Erde getopft, sondern wurzeln in schimmelfreiem Substrat. Was Grünlilie und Co zum Mikrobiom von Menschen im Spital beitragen können, wird sich bald weisen – die Studie ist kurz vor dem Abschluss.

Lasst die Guten leben

Gerade ein Krankenhaus ist in Sachen Bakterien heikel und daher besonders spannend: Hier können die falschen Mikroorganismen im schlimmsten Fall tödlich sein. Man achtet daher sehr auf Hygiene und Desinfektion, um die Patient/innen vor ungewollten Mikroorganismen zu schützen.

„Dabei kann man nicht auswählen, welche Mikroorganismen man auslöscht und das geht mit einer kompletten Reduktion der Diversität einher, die aber notwendig ist für unseren Körper, um alle Funktionen aufrecht zu erhalten. Wir sehen z.B. bei Patient/innen in der Intensivstation, dass sich das Mikrobiom innerhalb weniger Tage verändert und reduziert.“

Die Mikrobiologin regt an, in Zukunft die Hygiene-Regimes von Spitälern zu überdenken und (soweit es möglich ist) gezielt unerwünschte bzw. pathogene Mikroorganismen auszulöschen, aber die restliche Diversität zuzulassen.

Barbara Riedl-Daser, Ö1 Wissenschaft

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