Geheimnis um „Jo-Jo-Algen“ gelüftet

Die kugelförmigen Marimo-Algen schwimmen tagsüber an der Wasseroberfläche und sinken jeden Abend wieder auf den Seegrund. Warum, war bisher nicht ganz klar. Forscher haben nun das Rätsel um die schwebenden „Jo-Jo-Algen“ gelöst.

Ein Biologenteam von der University of Bristol konnte mit einem Test bestätigen, was schon länger vermutet wurde: Die Algenbälle steigen im Wasser auf, weil sich während der Photosynthese an ihrer Oberfläche kleine Sauerstoffbläschen bilden. Das erklärt auch, warum sie immer morgens nach oben treiben: Die Photosynthese - ein chemischer Prozess, mit dem Pflanzen Energie umwandeln - wird vom Sonnenlicht angeregt. Wenn es dunkel wird und keine Luftbläschen mehr entstehen, sinken die Kugeln wieder ab.

Marimo-Algen

Dora Cano-Ramirez und Ashutosh Sharma

Marimo-Algen im Labor

Studie

”Photosynthesis and circadian rhythms regulate the buoyancy of marimo lake balls”, Current Biology, 20.8.2018

Um die Theorie zu überprüfen, haben die Forscher die Photosynthese mit einem chemischen Hemmstoff blockiert. Dadurch konnten sich keine Bläschen bilden und die Algenkugeln stiegen nicht auf. Doch nicht nur die „äußere Uhr“ spielt eine Rolle: Wie die Forscher nun festgestellt haben, richten die Algen ihre tägliche Reise auch nach einer inneren Uhr aus.

Innere Uhr entscheidet mit

Die Biologen konnten zeigen, dass nicht nur das Licht, sondern auch die Tageszeit entscheidet, wann die Algen nach oben schweben. Dazu haben sie die Kugeln mehrere Tage lang im Dunklen beobachtet. Wenn die Marimos morgens Licht erhielten, stiegen sie viel schneller auf, als wenn das Licht zu Mittag kam.

„Ich denke, die größte Erkenntnis ist, dass ein bestimmter Tagesrhythmus beeinflusst, wie schnell die Marimos aufsteigen“, so Antony Dodd, Co-Autor der Studie, gegenüber science.ORF.at.

Der tägliche Rhythmus könnte die Photosynthese optimieren, vermuten die Forscher in der Studie. "Es gibt aber auch andere interessante Fragen, die man in Zukunft untersuchen könnte, etwa, wie die Algen das Licht erkennen“, so Dodd.

Ein Fest für eine Alge

In der Natur kommen die Marimo-Algen heute etwa in Japan, Island und der Ukraine vor. Es gibt aber auch einen Bezug zu Österreich, denn der Salzburger Botaniker Franz Sauter soll die „Seeknödel“ laut Wikipedia 1820 im Zellersee als erster überhaupt nachgewiesen haben.

In Japan steht die Marimo-Alge unter Naturschutz. Im Akansee auf der Insel Hokkaido wird der Bestand auf 600 Millionen geschätzt, die größten Algenkugeln werden dort über 30 Zentimeter groß. Marimo-Algen aus dem Akansee gelten in Japan als Naturmonument und werden verehrt – auf Hokkaido gibt es jedes Jahr eine dreitägige Zeremonie zu Ehren der faszinierenden Algen. Außerdem werden die Algenbälle dort als Lehrobjekte für die Umweltbildung genutzt.

Dass das Rätsel um die schwebenden Kugeln nun gelöst wurde, bedeutet vermutlich nicht, dass sie weniger verehrt werden. Gefährdet ist die Alge jedenfalls nach wie vor. In letzter Zeit ging der Bestand deutlich zurück. „Marimokugeln gibt es heute nur noch in der Hälfte der Seen, in denen sie früher vorgekommen sind,“ erklärt Studienleiterin Dora Cano Ramirez in einer Aussendung. „Das könnte daran liegen, dass wegen der Umweltverschmutzung weniger Licht zu den Algen dringt. Wir hoffen, dass wir durch unsere Forschung dazu beitragen können, die Marimokugeln zu schützen und auch in anderen Ländern wieder anzusiedeln,“ so die Biologin.

Julia Geistberger, science.ORF.at

Mehr zu dem Thema