Schlaflosigkeit macht schwach

Wer schlecht schläft, stellt anscheinend seinen Stoffwechsel um. Eine schwedische Studie zeigt: Schon eine einzige schlaflose Nacht erhöht das Risiko, zuzunehmen und Muskelgewebe abzubauen.

Schwedische Forscherinnen und Forscher untersucht das Fett- und Muskelgewebe von 15 jungen, gesunden Männern – einmal nach einer erholsamen Nacht Schlaf; einmal, nachdem sie die ganze Nacht wach gehalten wurden. Der komplette Schlafverlust wirkte sich tatsächlich schon nach dieser einen Nacht auf den Stoffwechsel aus.

Die beiden Gewebetypen reagierten aber sehr unterschiedlich: Im Muskelgewebe wurde der Stoffwechsel so umgestellt, dass der Muskel kaum noch Glukose verwertete – und gleichzeitig Proteine abbaute, so der Humanbiologe und Studienkoautor Christian Benedict von der Universität Uppsala in Schweden: “Der Muskel fängt an, sich sozusagen selbst zu verdauen. Er baut vermehrt Proteine ab, um die Bausteine der Proteine - nämlich die Aminosäuren - freizusetzen." Während der Muskel Energie für den Körper freisetzt, schaltet das Fettgewebe auf Einlagerung. Der Körper speichert und baut gleichzeitig Energie in unterschiedlichen Formen ab – aber warum?

Gestresstes Gehirn

Eine mögliche Erklärung, so Benedict, liefere wohl ein Organ, das - für jeden leicht bemerkbar - unter Schlafmangel leidet - das Gehirn: „Wenn wir zu wenig schlafen, hat das Gehirn einen erhöhten Energiebedarf. Unter diesen Bedingungen setzt das Gehirn normalerweise Stresshormone frei.“ Und die, so Benedict, signalisierten dem Muskelgewebe, es müsse die Aufnahme von Glukose stoppen, damit sie dem Gehirn zur Verfügung stehen kann, und gleichzeitig Aminosäuren freisetzen.

Ö1-Sendungshinweis

Dem Thema widmete sich auch ein Beitrag im Morgenjournal am 23.8. um 7.00 Uhr.

Während das Fettgewebe wohl vorbauen und Energie speichern soll, falls es denn bald noch einmal zu einer Belastung wie einer schlaflosen Nacht käme. Jedenfalls deuten die Ergebnisse darauf hin, dass Schlafverlust Fettgewebe so umprogrammiert, um es dem Körper zu erleichtern, Fett zu behalten.

Was genau im Gehirn passiert, lässt sich nach dieser Studie nicht sagen, weil das Gehirn nicht gesondert untersucht worden ist. Aber dass das Gehirn speziellem Stress ausgesetzt wird, könnte ein weiteres Ergebnis der Gewebeanalysen andeuten, das anders als die Veränderungen bei Muskelmasse und Fett überrascht hat: „Wir haben sehr umfangreiche Analysen durchgeführt und dabei auch Unerwartetes entdeckt. Wir haben beispielsweise auch Veränderungen in einem Gen gefunden, das in früheren Studien mit Parkinson in Zusammenhang gebracht worden ist, aber da muss man jetzt vorsichtig sein.“ Denn dazu gebe es sonst kaum Studien, die diesen Einzelbefund in einen größeren Zusammenhang setzen könnten.

Schlafprobleme ungleich

Genauso kann man natürlich diese Ergebnisse nicht sofort auf chronischen Schlafmangel und andere Schlafstörungen umlegen. Denn der Stress einer komplett schlaflosen Nacht ist vermutlich nicht ganz gleichzusetzen mit dem von schlechtem oder mangelndem Schlaf.

Allerdings bringen einige andere Studien chronische Schlafprobleme bereits länger in Zusammenhang mit Gesundheitsproblemen wie Typ-2-Diabetes, Übergewicht und Muskelschwund (Sarkopenie) im Alter. Die Ergebnisse dieser ersten Studie am Gewebe zeigen nun Veränderungen in verschiedenen molekularen Prozessen, die dafür mitverantwortlich sein könnten. Wie genau sie sich auswirken und zusammenspielen und auch bei chronischen Schlafstörungen auftreten, muss noch untersucht werden. Gerade Menschen mit bereits bestehenden Erkrankungen sollten Schlafprobleme aber ernst nehmen, meint Benedict.

Isabella Ferenci, Ö1-Wissenschaft

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