Satellitenbilder gegen Dürre

Dürresommer wie der heurige werden in Zukunft häufiger. Satellitenaufnahmen könnten helfen, die schlimmsten Auswirkungen in der Landwirtschaft zu bekämpfen noch ehe sie auftreten. Daran arbeitet das Erdbeobachtungsprogramm „Copernicus“ der Europäischen Union.

Im heurigen Dürresommer konnten die „Copernicus“-Satelliten aus dem Weltall lediglich beobachten, wie das Grün Europas immer brauner wurde. „Wir erkennen die Dürre erst, wenn sie eingetreten ist - das ist dann oft zu spät. Wenn wir früher wüssten, welche Pflanzen wirklich unter Stress stehen, hilft uns das noch besser Vorsorge treffen zu können“, erklärt die Geografin Godela Roßner vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) heute bei den Technologiegesprächen in Alpbach. Sie beschäftigt sich damit, wie Daten von den Erdbeobachtungssatelliten etwa für die Landwirtschaft genutzt und ausgewertet werden können.

„Copernicus“ Sentinel-3 Daten aus diesem Sommer: Ende Juni war Europa noch vorwiegend grün, einen Monat später vor allem braun

Möglich werden soll die Früherkennung von Dürrestress künftig durch sogenannte Thermal-Sensoriken. Damit sollen Satelliten messen, wie viel Wasser konkret vom Boden und den Pflanzen verdunstet. „Dazu kommen hyperspektrale Sensoren, mit denen wir beobachten werden können, wie viel Chlorophyll und Blattwassergehalt in den Pflanzen enthalten ist“, so Roßner.

Dürrefrüherkennung erst ab 2025

Bis neue Satelliten mit diesen Sensoren ausgestattet werden, wird es aber noch dauern. Erst ab 2025 sollen neue „Copernicus“-Satelliten in den Orbit geschickt werden. „Es ist wichtig, dass solche Technologien eine gewisse Reife haben und schon demonstriert wurde, dass sie sicher funktionieren. So kann man auch die Kosten von den Satellitenmissionen im Rahmen halten“, erklärt Roßner.

Technologiegespräche Alpbach

Von 23. bis 25. August finden im Rahmen des Europäischen Forums Alpbach die Technologiegespräche statt, organisiert vom Austrian Institute of Technology (AIT) und der Ö1-Wissenschaftsredaktion. Godela Roßner spricht am 23.8. zum Thema „Ernährungswissenschaft“.

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In der Zwischenzeit liefern aber die sechs Sentinel-Satelliten, die aktuell im Rahmen von „Copernicus“ um die Erde kreisen, durchaus wertvolle Informationen für Landwirte, Unternehmen und Politiker, betont Godela Roßner. So schickt der Satellit Sentinel-2 alle fünf Tage hochauflösende Bilder von Feldern und Böden zur Erde, die auch nahinfrarotes Licht erfassen.

„Damit können wir sehen, wie hoch der Biomassegehalt ist: Wo wachsen Pflanzen sehr gut und wo bleibt das Wachstum hinter den Erwartungen zurück?“ Auf diese Weise kann ein Bauer etwa erkennen, wo im Feld etwa noch gedüngt werden muss und wo nicht. Sentinel-1 wiederum tastet die Erdoberfläche mit Mikrowellen ab und liefert so Radarbilder, mit denen man den Wassergehalt im Boden (nahe der Oberfläche) messen kann.

Godela Rossner in Alpbach

Hans Leitner, ORF

Godela Roßner bei ihrem Vortrag in Alpbach

Downloads: Plus von 70 Prozent

Dass diese Informationen für die Landwirtschaft wertvoll sind, zeigen die steigenden Zugriffe und Abfragen der Satelliteninformationen, die weltweit frei verfügbar sind. Roßner zufolge gab es allein in den letzten drei Monaten um 70 Prozent mehr Downloads - gemessen ab dem Start von „Copernicus“ im Jahr 2015.

Dabei seien Landwirte nicht die einzigen, die an solchen Bildern Interesse zeigen. „In der europäischen Agrarpolitik liefern die Bilder Informationen über die Nachhaltigkeit bei großflächiger Landwirtschaft. Mithilfe der Daten bekommt man einen Überblick, wie bestimmte Flächen gepflegt und bewirtschaftet werden. Diese Informationen lassen sich dann etwa mit Bildern koppeln, die zeigen, wie vielfältig und divers die Vegetation und Landwirtschaft ist. Hier haben wir erstmals eine konsistente Datenbasis für Naturschutz und Landwirtschaft.“

Zudem arbeiten Agrarunternehmen daran, etwa Traktoren und Erntemaschinen mit den Informationen aus dem All zu verbinden. „Man sieht dann etwa auf einem Display im Traktor, wo genau der Landwirt fahren muss, um weniger Sprit zu verbrauchen und den Dünger nur dort zu verteilen, wo es notwendig ist.“ In Sachen Dürre wiederum werden die Bilder nun herangezogen, um die Verteilung von Entschädigungszahlungen zu koordinieren, erklärt Roßner.

Ruth Hutsteiner aus Alpbach, Ö1-Wissenschaft

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