„Öffentlich-Rechtliche brauchen Onlineplattformen“

Beim Europäischen Forum Alpbach wird dieser Tage viel über Resilienz diskutiert, so auch über die Krisenfestigkeit demokratischer Medien. Diese brauchen vor allem eine stärkere Onlinepräsenz – der ORF will sie unter anderem mit einer neuen TVthek erreichen.

Für eine resiliente Demokratie braucht es einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Und ein resilienter öffentlich-rechtlicher Rundfunk braucht eine starke Onlinepräsenz. So der Grundtenor bei der Veranstaltung “Die Resilienz der Demokratie und demokratischer Medien“ heute Samstag beim Europäischen Forum Alpbach.

ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz dazu: „Öffentlich-rechtliche wurden eingerichtet, um die Bürgerinnen und Bürger mit unabhängiger Information, Kultur, Unterhaltung und Sport zu versorgen – als mediale Infrastruktur der Demokratie frei von politischen und wirtschaftlichen Interessen. Diese Funktion ist im Digitalzeitalter angesichts von Fake-News wichtiger denn je.“

Sendungshinweis

Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Tirol heute: 25.8., 19:00 Uhr.

Wichtig, aber gefährdet ist diese Funktion im Moment, meint Leonhard Dobusch Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Universität Innsbruck und im ZDF-Fernsehrat für den Bereich Internet zuständig. Er diskutierte mit Wrabetz, der Kommunikationswissenschaftlerin Bieke Zaman und dem Unternehmer Herrmann Hauser am Podium und meint gegenüber science.ORF.at: „Online-Mediatheken können in puncto Aufmerksamkeit nicht mit YouTube und Facebook mithalten. Öffentlich-rechtliche Medien haben keine Meinungsführerschaft mehr und verlieren ihre klassische Gatekeeperrolle.“

Alexander Wrabetz in Alpbach

Hans Leitner, ORF

Alexander Wrabetz in Alpbach

Neue TVthek als Teil eines ORF-Players

Um im Netz stärker präsent zu sein, soll im Oktober oder November 2018 die neue ORF-TVthek online gehen - mit einem neuen Design und einer schlankeren Navigation, die für mehr Übersicht sorgen soll. Thomas Prantner, stellvertretender ORF-Direktor für Technik, Online und neue Medien, präsentierte das Vorhaben erstmals heute Mittag beim Europäischen Forum Alpbach.

Technologiegespräche Alpbach

Von 23. bis 25. August finden im Rahmen des Europäischen Forums Alpbach die Technologiegespräche statt, organisiert vom Austrian Institute of Technology (AIT) und der Ö1-Wissenschaftsredaktion.

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Die Suchfunktion der TVthek und die Bildqualität werden verbessert, und für die User wird es Personalisierungsmöglichkeiten wie etwa eine Merkliste geben. Das barrierefreie Angebot soll in Zukunft leichter auffindbar sein und das Livestream-Restart-Service soll ausgebaut werden, ebenso das Videoarchivangebot: Bisher gibt es 32 zeit- und kulturhistorische Archive, in Zukunft sollen es noch mehr werden.

Ein ORF-Player, in dem alle Sender inklusive der Radiosender vertreten sind, ist geplant. Thomas Prantner dazu: „Die ORF-TVthek ist mit monatlich rund 1,3 Millionen Userinnen und User die größte und erfolgreichste Videoplattform in Österreich. Unser Ziel ist es, sie im Rahmen der Digitalstrategie des ORF als zentralen Faktor eines zukünftigen ORF-Players zu positionieren.“ Dafür sei der Relaunch ein erster Schritt.

Thomas Prantner in Alpbach

Hans Leitner, ORF

Thomas Prantner in Alpbach

Geplant: Längere Abrufdauer

Weitere Schritte sind für 2019 geplant. Beispielsweise wird es mehr Angebot für Kinder in der ORF-TVthek geben sowie Videos, die ausschließlich oder zuerst online verfügbar sind. Ebenfalls ab 2019, so Thomas Prantner, soll es eine Science-App geben und ein Wissenschaftsvideoarchiv, das einen Überblick über die Geschichte der Wissenschaft und wichtige Forschungsentwicklungen und Entdeckungen vermitteln soll.

Ein Ziel des ORF ist es, dass TVthek-Inhalte in Zukunft 30 Tage lang online sind. Das würde aber eine Änderung des ORF-Gesetzes voraussetzen, denn nach diesem darf der öffentlich-rechtliche Content nur sieben Tage lang online sein. Das zu ändern, ist eine Forderung des ORF, die auch Leonhard Dobusch sinnvoll findet: „Wir haben eine Situation, wo Fake-News für immer online sind und immer wieder neu geteilt werden, während die seriös recherchierten, mit öffentlich-rechtlichen Beitragsgeldern finanzierten Inhalte depubliziert werden. Jede Depublizierungspflicht im Nachrichten- oder Magazinbereich ist eigentlich ein Wahnsinn.“

Startschuss für gemeinsamen Player

Der geplante ORF-Player soll Basis für einen gemeinsamen Player der österreichischen Medien zur Stärkung des Medienstandorts Österreich sein. Eine Plattform, die offen ist für Inhalte Dritter, ist ein Schritt in die richtige Richtung, findet Leonhard Dobusch.

Für eine erfolgreiche Onlinestrategie müsse der ORF aber auch andernorts präsent sein: „Öffentlich-rechtliche müssen heute eigene Onlineplattformen haben und zwar mit Inhalten, die primär für Online produziert wurden und dort nicht ‚zweitverwertet‘ werden. Und sie müssen auch dort hingehen, wo ihr Zielpublikum ist, und das ist heute auf YouTube und Facebook.“ Außerdem sollte der ORF auch Strategien entwickeln um seine Inhalte auf nicht-profitorientierten Plattformen wie Wikipedia zu verbreiten, meint Dobusch.

Katharina Gruber aus Alpbach, Ö1-Wissenschaft

Mehr zu den Technologiegesprächen 2018: