Muttermilch: Bestandteile künstlich hergestellt

Neben Protein, Fett und Laktose besteht Muttermilch aus speziellen Kohlenhydraten. 200 solche Mehrfachzucker wurden bisher identifiziert. Zwei davon darf der Nahrungsmittelkonzern Nestle nun künstlich erzeugen und für Säuglingsnahrung verwenden.

Humane Milch-Oligosaccharide (HMO) kommen nur in menschlicher Muttermilch vor. Sie wirken sich positiv auf das Darm-Mikrobiom von Säuglingen aus und fördern so das Immungleichgewicht. Zwei der 200 bekannten HMO sind jetzt erforscht und sowohl von der Europäischen Agentur für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und der US-Arzneimittelbehörde FDA als sicher bewertet worden, wie Nestle bei einer Pressekonferenz in Wien bekanntgab.

Seit 30 Jahren forscht das Nestle Research Center in der Schweiz zu dem Thema. Die zwei künstlichen HMO sollen mit denjenigen der Muttermilch strukturidentisch sein. Es handle sich um zwei der zehn wichtigsten HMO, die ab September in der Säuglingsmilchnahrung eingesetzt werden. 2'-O-Fucosylaktose und Lakto-N-neo-Tetraose machen bei der Mehrzahl der Frauen mehr als 40 Prozent der HMO in der Muttermilch aus. Sie werden biosynthetisch aus Milchzucker hergestellt.

Muttermilch erste Wahl

Vier große Studien hätten die positive Wirkung der komplexen Mehrfachzucker HMO, die bereits in den 1950er-Jahren erstmals beschrieben wurden, gezeigt, betonte Poßner. So erreichen 98 Prozent der HMO unverändert den Darm, um erst dort zu verstoffwechseln und das Mikrobiom des Säuglings positiv zu beeinflussen. Eine Reparatur später sei „viel, viel aufwendiger“, meint Mike Poßner von den Nestle Nutrition Institutes.

Bei 80 Prozent der Mütter ist die Milch reich an HMO. Sie können ihren Kindern durch das Stillen das Risiko für Atemwegs- und gastrointestinale Infektionen verringern, die Anfälligkeit für Adipositas und Diabetes mindern und das Kind bekommt dadurch möglicherweise auch weniger häufig Allergien. Es habe sich auch gezeigt, dass diese Babys seltener unter Koliken leiden und in der Nacht weniger oft aufwachen. Es gibt aber auch Mütter, deren Milch aus genetischen Gründen kein oder geringe Mengen HMO enthalten. Da könne über einen Zusatz nachgedacht werden, sagt der Mediziner.

„In Zukunft könnten die HMO die klassischen Präbiotika in der Säuglingsmilch ablösen“, so Poßner. Dennoch sei Muttermilch die erste Wahl: „Jedes Kind ist besser geschützt mit Muttermilch als mit einer Alternative.“

science.ORF.at/APA

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