Ein Roboter als Fadenkünstler

Die Kunst, Faden zwischen Nägeln so zu spannen, dass daraus sehenswerte Bilder entstehen, war bisher Menschen vorbehalten. Doch ein Roboter kann das auch, wie nun Forscher an der Technischen Universität (TU) Wien bewiesen haben.

Ihr Ziel sind aber keine Galerien, sondern die digitale Fabrik, für die sie Methoden entwickeln wollen.

Schwierig: Optimalen Weg berechnen

Mit Hilfe eines zwischen Nägel gespannten Fadens lassen sich nicht nur geometrische Muster produzieren, sondern durch ausgeklügelte Fadenführung auch Bilder erzeugen. Am Institut für Diskrete Mathematik und Geometrie der TU Wien haben Wissenschaftler dem Computer beigebracht, für beliebige Bilder den optimalen Fadenweg für ein kreisrundes Fadenbild zu berechnen.

„Aus wissenschaftlicher Sicht ist das ein sehr interessantes Problem, weil es ganz besonders schwer zu lösen ist“, sagte Przemyslaw Musialski in einer Aussendung der TU. Wien. Die Herausforderung besteht nicht nur darin, mit dem Fadenbild der Vorlage möglichst nahe zu kommen. Vor allem ist die Anzahl der Möglichkeiten, wie man den Faden zwischen einer größeren Anzahl von Nägeln spannen kann, astronomisch hoch und kann üblicherweise mit Computern in überschaubarer Zeit nicht exakt gelöst werden.

Fadenkunstwerke des Roboters an der TU Wien

TU Wien

Der Roboter macht ein Porträtbild der Mathematikerin Ada Lovelace nach

Die Wissenschaftler verwendeten für ihr Fadenbild einen Kreis mit 256 Nägeln. „Unsere Rechnungen haben gezeigt, dass eine größere Anzahl von Haken das Endergebnis nur noch marginal verbessert“, so Musialski.

Bis zu sechs Kilometer Faden

Weil der Faden jeweils von der linken oder rechten Seite jedes Nagels zur linken oder rechten Seite jedes anderen Nagels gespannt werden kann, ergeben sich bereits bei ungefähr 30 Fadenlinien mehr mögliche Varianten als das beobachtbare Universum Atome hat. Um ein erkennbares Bild wiederzugeben, werden aber noch viel mehr Linien benötigt.

Die mathematische Herausforderung bestand darin, aus dieser unüberschaubaren Zahl an Möglichkeiten jenen Weg herauszufinden, der das gewünschte Bild möglichst gut wiedergibt. Solche Methoden würden in Zukunft auch in der digitalen Fabrikation eine wichtige Rolle spielen, betonte Musialski. Dass ihre mathematische Lösung die Herausforderung schafft, haben die Wissenschaftler u.a. mit der Fadenreproduktion des berühmten Bildes von Albert Einstein mit herausgestreckter Zunge demonstriert.

Ihre Faden-Kunstwerke ließen die Mathematiker dabei von einem Industrie-Roboter produzieren. Der Roboterarm spannt dabei einen einzigen langen Faden zwischen den 256 Nägeln, sodass am Ende ein kreisrundes Fadenbild mit 63 Zentimeter Durchmesser entsteht. Je nach Bildmotiv dauert die Produktion der „String-Art-Kunstwerke“ zwei bis fünf Stunden und benötigt zwischen zwei und sechs Kilometer Faden.

science.ORF.at/APA

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