Älteste Malerei der Menschheitsgeschichte

73.000 Jahre alte, rote Linien, die einem Hashtag ähneln: So sieht die älteste bisher bekannte Malerei aus, die Forscher in einer Höhle in Südafrika entdeckt haben.

Das steinzeitliche „Kunstwerk“ befindet sich auf einem kleinen, wenige Zentimeter großen Steinsplitter. Darauf zu sehen sind parallel gezogene rote Linien, die von weiteren Linien gekreuzt werden - also ähnlich wie bei einem Hashtag bzw. einem Rautezeichen.

Für uns heute sehen die Linien abstrakt und willkürlich aus. Die Forscher sind aber überzeugt, dass sie eine Bedeutung haben. Denn in der Blombos-Höhle bei Kapstadt in Südafrika wurden zudem ähnliche Strichmuster auf Ockerplatten gefunden - hier waren die Linien allerdings eingraviert, erklärt einer der Studienautoren Francesco d’Errico von der Universität Bordeaux. Der Archäologe vermutet, es könnte sich um eine Art Symbol gehandelt haben. „Es könnte Eigentum gekennzeichnet haben oder das Symbol einer Familie oder Gruppe gewesen sein“, spekuliert der Forscher.

Die älteste Zeichnung

Craig Foster

Die steinzeitliche Malerei

Die Studie

„An abstract drawing from the 73,000-year-old levels at Blombos Cave, South Africa“, Nature, 12.9.2018

Ö1-Sendungshinweis

Diesem Thema widmet sich auch das Morgenjournal am 13.9.

Linien mit Ocker-Malstift gezeichnet

Dass die 73.000 Jahre alten Linien absichtlich von Homo Sapiens - also unseren Vorfahren - auf den Stein gezeichnet worden sein müssen, ergab eine Vielzahl unterschiedlicher Analysen im Labor und unter dem Mikroskop. Die Menschen haben hierfür wohl eine Art Stift verwendet, der aus angespitztem eisenhaltigem rotem Ockergestein bestand. „Wir haben hierzu unterschiedliche Farb- und Maltechniken versucht und sind zu dem Schluss gekommen, dass der Ockerstift an der Spitze ein bis drei Millimeter dünn gewesen sein muss.“

Bisher stammten die ältesten Malereien, die dem Homo Sapiens zugeordnet wurden, aus Höhlen in Spanien. Sie wurden vor etwa 40.000 Jahren angefertigt. Die Zeichnungen aus Südafrika sind also gut 30.000 Jahre älter. Dass der Mensch vielleicht sogar noch früher zu malen begonnen hat, ist für d’Errico nicht auszuschließen. Immerhin hatten die Forscher schon früher in derselben Höhle in Südafrika etwa 100.000 Jahre altes Werkzeug und Utensilien entdeckt, die zeigen, dass unsere Vorfahren zumindest wussten, wie man Farbe anrührt.

„Wir haben zwei Schneckenschalen - Abalone - gefunden, die mit einer ockerreichen Substanz gefüllt waren, sowie Robbenknochen. Mit deren Fett hat man die rote Farbe angerührt“, erklärt der Studienleiter Christopher Henshilwood gegenüber science.ORF.at. Zudem befinden sich in der Höhle Muscheln, die wie Perlen aufgefädelt worden sein dürften, so Henshilwood von der Universität Bergen.

Gravuren halten länger als Zeichnungen

Abgesehen davon gibt es Hinweise darauf, dass bereits der Menschenvorfahr Homo erectus vor rund 500.000 Jahren in der Lage war, exakte Gravuren herzustellen. Das zeigte ein Muschelfund auf der indonesischen Insel Java vor einigen Jahren. „Natürlich erhalten sich Gravuren viel besser als Malereien. Wir wissen daher nicht, wann Menschen wirklich zu malen begonnen haben“, so d’Errico.

Interessant ist zudem, dass der aktuelle Fund in Südafrika nur rund 10.000 Jahre älter ist als eine kürzlich entdeckte, 64.000 Jahre alte Malerei in einer spanischen Höhle - diese wurde allerdings dem Neandertaler zugeordnet. „Es gibt immer mehr Indizien dafür, dass dieselben Entwicklungen von unterschiedlichen Bevölkerungen in Afrika und Europa unabhängig voneinander und zu unterschiedlichen Zeitpunkten vorangetrieben wurden“, erklärt d’Errico.

Ruth Hutsteiner, Ö1-Wissenschaft

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