Akkus: Brandgefahr im Müll

In Mülldeponien kommt es immer häufiger zu Bränden. Schuld daran sind entzündliche Lithium-Akkus: Ein Drittel davon landet laut Schätzungen im Restmüll - und ein Fünftel lagert wohl in Wohnungen.

Man findet sie heute in Handys und Laptops, in Haushaltsgeräten und Werkzeugen: Lithium-basierte Batterien und Akkus sind allgegenwärtig. Für die Abfallwirtschaft ist das ein relativ neues Problem, denn so richtig populär sind diese leistungsstarken Akkus erst seit gut zehn Jahren. Viele davon landen im Restmüll - und damit steigt das Brandrisiko. Die Berichte über Brände in Abfallsortier- und Recyclinganlagen mehren sich, so etwa jüngst in der Steiermark, in Niederösterreich und im Burgenland, ähnliche Berichte gab es auch in Deutschland und der Schweiz.

Brandgefahr von Batterien

Alle Batterien können zu Belastungen für die Umwelt werden, bei Lithium-basierten Batterien und Akkus besteht zusätzlich ein großes Brandrisiko.

Das hat zwei Gründe: erstens, weil sie meist mehr Energie speichern; und zweitens, weil Lithium ein unedles Element ist und leicht mit Sauerstoff und Wasser reagiert. Besonders häufig sind die Lithium-Ionen-Akkus, die man in wiederaufladbaren Geräten wie Handys oder Akkuschraubern findet.

Systemisch erfasst werden die Brände in der Abfallwirtschaft weder in Deutschland noch in Österreich, aber einzelne Studien und regionale Erhebungen zeigen ein Ansteigen der Brandfälle, erklärt Abfallwirtschaftsexperte Roland Pomberger von der Montanuniversität in Leoben. Er befasst sich wissenschaftlich seit einigen Jahren mit dem Problem.

Zündender Abfall

Im Großteil der Brandfälle in Abfallbehandlungsanlagen bleibe die genaue Brandursache ungeklärt. Klar ist, dass ein Risikofaktor besonders zugenommen hat: Lithium-Ionen-Akkus entzünden sich leicht, wenn sie beschädigt werden und das Innere in Kontakt mit Feuchtigkeit und Luft kommt. Sortieranalysen aus dem Vorjahr zeigen, dass man mit rund 700.000 Lithium-Batterien pro Jahr im heimischen Müll rechnen kann.

Roland Pomberger: "Dass es in den letzten fünf Jahren so viele Brandfälle in der Abfallwirtschaft gegeben hat, ist aufgrund unserer Forschungsergebnisse auf diese Batterien zurückzuführen. Sie landen als Fehlwürfe im Müll und führen als Zündquellen in den Aufbereitungsanlagen dann zu Schäden.“

Mann hält Handy-Akku in der Hand

AIZAR RALDES / AFP

Handy-Akku: 700.000 Lithium-Batterien landen in Österreich pro Jahr im Müll

Das Problem bestehe weltweit, erklärt Pomberger, werde aber durch das - an sich wünschenswerte - Recycling verstärkt: “Wenn man nur eine klassische Deponie oder Müllverbrennungsanlage hat, werden Batterien dabei nicht so stark mechanisch beansprucht. Wenn wir aber in Richtung Recycling gehen, müssen wir Abfallströme zerkleinern und sieben - und dann steigt das Risiko für eine Beschädigung für Batterien. Wir sind in der Hinsicht leider auch Vorreiter.“

„Future Waste“ als Problem

Pomberger sieht im steigenden Batteriemüll einen Fall von sogenanntem „Future Waste“ - neuartige Abfälle, bei denen man den richtigen Umgang erst erlernen müsse. Die großen Batterien von E-Bikes und Elektroautos stellen die Recyclingwirtschaft vor zusätzliche Herausforderungen. Immerhin landet eine Elektroautobatterie selten einfach im Müll. Aber auch hier befinde sich die Abfallwirtschaft im Wettlauf mit der Zeit.

Gerade erst sei in Zusammenarbeit von Montanuniversität und Industriepartnern in Deutschland die erste Wiederaufbereitungsanlage für solche Batterien in Europa entstanden, erklärt Roland Pomberger. Die Altbatterien aus der Elektromobilität hätten den Vorteil, dass sie meist aus registrierten Autos kämen und damit nachverfolgbar seien. Dass sie Brandproblem weiter anheizen könnten, glaubt der Forscher von der Montanuniversität nicht.

Ein Drittel landet im Restmüll

Nach Schätzungen der Abfalltechniker von der Montanuniversität landen nur rund 50 Prozent der Akkus im Sondermüll. Weitere 20 Prozent liegen wohl in Schubladen zu Hause, während rund ein Drittel in den Restmüll gelangt. Auch zu Hause sei ein Batterielager übrigens nicht ganz gefahrlos, sagt Pomberger - vor allem, wenn man versuche, tiefentladene Akkus wieder aufzuladen, oder wenn die Batterien beschädigt sind.

Bisher fehlt jedenfalls bei Herstellerfirmen, Politik und Bevölkerung noch das Bewusstsein für das aufkeimende Problem. Pomberger geht davon aus, dass sich die Zahl der im Umlauf befindlichen Lithium-basierten Akkus bis 2025 noch einmal verdreifachen wird. Und das könnte breite Auswirkungen haben: “Die Abfallwirtschaft ist schon bald nicht mehr versicherbar. In Wahrheit muss die Abfallwirtschaft ein Problem ausbaden, für das sie nicht verantwortlich ist.“

Lösungen dringend gesucht

Ideen, wie man mit dem Problem umgehen könnte, gibt es. Zum Beispiel ein Pfandsystem für Akkus oder öffentliche Kampagnen, die Bewusstsein schaffen, damit dann weniger Batterien im Restmüll landen.

Idealerweise sollten sich Hersteller und Abfallwirtschaft zusammensetzen und gemeinsam Lösungen ausarbeiten, wünscht sich Roland Pomberger. Wenn die Hersteller die Batterien zum Beispiel so markieren, dass man sie maschinell erkennen kann, könnte die Abfallverwertung sie besser aussortieren. Auch könnte man Batterien recyclinggerechter designen. Nachdem hier die Interessen auseinander gehen, sei auch der Gesetzgeber gefragt. Das Ziel: Herstellerfirmen sollten auch über den Ladentisch hinaus Verantwortung für die problematischen Restteile ihrer Produkte tragen.

Isabella Ferenci, Ö1-Wissenschaft

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