Ein Quantensprung dauert 45 Attosekunden

Lichtteilchen können Energie nur in winzigen Paketen versenden - Quantensprung heißt dieses berühmte Phänomen: Ein deutsch-österreichisches Forscherteam hat den Sprung der Quanten nun erstmals vermessen.

Den Physiknobelpreis erhielt Einstein nicht für seine beiden Relativitätstheorien, sondern für die Erklärung des sogenannten photoelektrischen Effekts anno 1905. Bei diesem Phänomen absorbiert ein Elektron ein Photon und springt dabei auf ein höheres Energieniveau - dass Energie nur in Quanten auftritt, war damals eine revolutionäre Erkenntnis. Heute wird dieser Effekt freilich längst in technischen Anwendungen genutzt, etwa in Solarzellen oder in lichtempfindlichen Chips von Digitalkameras.

Messung mit „Jod-Uhr“

Die Zustandsänderung des Elektrons läuft jedenfalls in unvorstellbar kurzen Zeitspannen ab. Im Bereich von Attosekunden, also Milliardstel einer Milliardstel Sekunde. Den Ablauf solcher Vorgänge zu beobachten und ihre Dauer genau zu vermessen, ist erst seit kurzem möglich. Für ihre Studie haben deutsche Forscher aufbauend auf Berechnungen von theoretischen Physikern der TU Wien nun solche Experimente mit dem Element Wolfram durchgeführt.

Dazu benötigten die Wissenschaftler zunächst Referenzwerte. In einem ersten Schritt bestimmten sie die Dauer des photoelektrischen Effekts bei Helium-Atomen. Das Ergebnis diente als Referenz für die Eichung von Jod-Atomen, die wiederum - im dritten und letzten Schritt - für die Untersuchung einer Wolfram-Oberfläche zum Einsatz kamen.

45 bis 100 Attosekunden

Dazu beschossen die Forscher die Wolfram-Schicht mit ultrakurzen Laserpulsen. Das Licht war gewissermaßen der Startschuss für den Prozess: Die angeregten Elektronen lösten sich von ihren Atomen, wurden frei beweglich und traten schließlich aus der Wolfram-Oberfläche aus.

Grafische Darstellung des Experiments: Elektronen verlassen Atome

TU Wien

Quantensprung: Elektronen verlassen Metallschicht

„Bei Wolfram lässt sich die Dauer dieses Vorgangs besonders gut untersuchen, weil sich dort die Grenzfläche des Materials besonders genau definieren lässt“, sagt Florian Libisch vom Institut für Theoretische Physik der TU Wien, der gemeinsam mit seinen Kollegen Joachim Burgdörfer und Christoph Lemell die theoretischen Arbeiten und Computersimulationen beigesteuert hat.

Wie lange der Prozess dauert, hängt vom Ausgangszustand der Elektronen ab. Betrachtet man die Leitungselektronen, also jene, die sich relativ frei im Metall bewegen können und den Strom leiten, wenn eine Spannung angelegt wird, kann man exakt die Dauer eines Quantensprungs messen: Es sind 45 Attosekunden, bis sie aus der Oberfläche des Wolframs austreten. Bei Elektronen aus den inneren Schalen der Wolfram-Atome, also mit niedrigerem Energieniveau, dauere es länger, erklärt Libisch. In diesem Fall verlassen sie das Metall erst nach 100 Attosekunden.

science.ORF.at/APA

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