Warum Singvögel nicht dick werden

All you can eat im Vogelhaus: Meisenknödel und Streufutter bescheren Singvögeln ein entspanntes Leben. Doch dick werden sie aufgrund des Überangebots nicht. Ein britischer Biologe stellt nun die Frage: warum eigentlich nicht?

Dass der westliche Wohlstandsbürger in der Regel ein paar Kilo zu viel auf die Waage bringt, ist hinlänglich bekannt. Ebenso der Umstand, dass das mittlerweile auch für Haustiere gilt: Katzen und Hunde sind oft zu dick - und leiden an den gleichen Beschwerden wie ihre Besitzer, an Diabetes, Bluthochdruck, Fettleber. Nur von Singvögeln ist dergleichen nicht bekannt. Oder hat schon jemand einen fetten Kanari gesehen?

Dauerhaft schlanke Linie

Das ist auch Lewis Halsey von der University of Roehampton aufgefallen. Der britische Biologe argumentiert im Fachblatt „Trends in Ecology & Evolution“: In der freien Wildbahn wäre die Absenz übergewichtiger Vögel dadurch zu erklären, dass sie womöglich zu träge sind - und von ihren Feinden schlicht aussortiert, also gefressen werden.

Singvogel: Star sitzt auf einer Stromleitung

APA/AFP/dpa/Patrick Pleul

Der Star bleibt schlank - und seine Verwandten auch

Doch Halsey vermutet, dass hier ein anderer Mechanismus am Werk ist. „Tiere können ihren Energieverbrauch unbewusst an die verfügbare Futtermenge anpassen.“ Soll heißen: Wenn sich Singvögel an prallen Futtertrögen gütlich tun, dann investieren sie danach mehr in Gesänge und Flugmanöver. Denkbar sei auch, dass sich ihr Stoffwechsel an das Überangebot direkt anpasst und überschüssige Energie schlicht „verschenkt“. Die Kalorien alleine zu betrachten, sei jedenfalls zu einfach, ist Halsey überzeugt. Nun will er die Sache im Experiment untersuchen - und Vögeln extra energiereiches Futter vorsetzen. „Das Äquivalent von Eiscreme“, wie Halsey sagt.

Robert Czepel, science.ORF.at

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