„Forscher müssen ethisch denken lernen“

75 Milliarden Euro gibt die EU im Rahmen des Programms „Horizon 2020“ für Forschung aus. Doch bekommt die Förderung nur, wer sich auch an die Ethikregeln der EU hält. Viel wichtiger aber sei es, „dass Forscher selbst beurteilen lernen, was ethisch ist“, so ein Experte.

Menschliche Embryonen genetisch verändern. Während das in China und den USA möglich ist und bereits erste Forschungsergebnisse dazu publiziert wurden, ist das in der EU nicht erlaubt, erklärt der Leiter für Ethik und Forschungsintegrität in der EU, Isidoros Karatzas. „In Horizon-2020-Forschungen ist jegliche Forschung untersagt, die Embryonen zerstört.”

Ethikregeln für „Horizon Europe“ gleich

Geht es nach dem Biochemiker wird sich das auch in naher Zukunft nicht ändern. Zwar laufen derzeit die Verhandlungen zwischen den Mitgliedstaaten der EU zum neuen Rahmenprogramm „Horizon Europe“ - in Sachen Ethik ist man aber um Kontinuität bemüht, meint Karatzas.

Ö1-Sendungshinweis

Dem Thema widmete sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 26.9., 13:55 Uhr.

Zusätzlich zu den Regeln der EU kommen auch noch nationale Gesetze, die unter Umständen einen strengeren ethischen Rahmen legen. In so einem Fall gilt die nationale Bestimmung. Geht es nach Karatzas, ist es für Forscher aber nicht nur wichtig, zu wissen, was nach ethischen Richtlinien erlaubt ist und was nicht - viel wichtiger sei es, dass Forscher selbst lernen, wie man die Integrität von Menschen und Tieren wahrt und das geistige Eigentum anderer schützt. „Ethik ist ein ständiger Diskurs und nichts, das dauerhaft festgeschrieben ist.“

Zu vermitteln, was Ethik bedeutet, sei allerdings die größte Herausforderung, so Karatzas. Zwar gibt es zahlreiche Unterlagen und Informationen zu ethischer Forschung in der EU sowie etwaige Kontrollmechanismen. Letztlich geht es in der Forschung aber um Vertrauen, stellt Karatzas klar.

Lehren, was ethisch ist

Vor allem Forschungsgebiete der Sozial- und Geisteswissenschaften, wo ethische Richtlinien erst seit rund fünfzehn Jahren eine Rolle spielen, sei es wichtig, Forschungsethik gezielter in das Studium miteinzubeziehen, so Karatzas. So müssen die Daten und Privatsphäre mancher Teilnehmer besonders geschützt werden, zudem muss sichergestellt sein, dass Teilnehmer nicht zu Schaden kommen und sie genau über Zweck und Methode der Forschung Bescheid wissen.

Um Forschern besser selbständiges, ethisches Denken zu lehren, werden auf EU-Ebene gerade Forschungsprojekte gestartet. „Es geht hier nicht nur darum, Bücher zu lesen. Wir wollen wirklich neue Wege finden, wie man Ethik schneller und freudvoller vermitteln kann und lernt, wie man den Diskurs mitbestimmen kann.“

Ruth Hutsteiner, Ö1-Wissenschaft

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