Durstige teilen Wasser fairer als Geld

Durstige Teilnehmer einer Studie waren eher bereit, ihre mittels Radfahren verdiente Ration Wasser fair zu teilen als ihr erradeltes Geld. Das ist auch deshalb erstaunlich, weil sie mit Letzterem ihren Durst bekanntlich nicht stillen können.

Untersuchungen darüber, wie es um die Bereitschaft von Menschen bestellt ist, so zentrale Güter wie Wasser in einer Mangelsituation mit anderen zu teilen, sind laut der Erstautorin der Arbeit, Astrid Kause, eher rar, wie sie gegenüber der APA erklärt. Für ihre Untersuchung, an der auch die Entwicklungspsychologin Judith Glück vom Institut für Psychologie der Uni Klagenfurt sowie der Kognitionswissenschaftler und Rektor der Uni, Oliver Vitouch, beteiligt waren, wählten die Forscher einen experimentellen Zugang.

Alle 84 Studienteilnehmer am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin verbrachten eine halbe Stunde auf dem Ergometer. Ein Teil von ihnen - die Verteiler - bekam dann abhängig von der sportlichen Leistung Wasser und Geld, sie mussten beides also verdienen. In der zweiten Gruppe bekamen die Verteiler immer den gleichen kleinen Betrag an beidem. In beiden Gruppen gab es auch die Empfänger, die von Bereitschaft der Verteiler, Wasser und Geld zu teilen, abhängig waren. Die Verteiler konnten in Kauses Pilot-Untersuchung frei bestimmen, wie viel Wasser sie weitergaben, ohne auf die Reaktion der Empfänger Rücksicht nehmen zu müssen. Die Wissenschaftler nennen eine solche Anordnung „Diktatorspiel“.

Großzügig beim Wasser

Am Ende der Radeinheit waren alle Teilnehmer nachweisbar durstig, sagte die Forscherin, die in Klagenfurt und Deutschland studiert hat und derzeit u.a. an der Leeds University Business School forscht. Die Verteiler oder „Diktatoren“ konnten von ihrer - auch bei ambitionierter sportlicher Leistung - relativ kleinen Menge an Wasser nach Gutdünken etwas für ihre Leidensgenossen ausschenken. In Bezug auf das Geld wurde ähnlich verfahren.

„Wir haben herausgefunden, dass die Leute - unabhängig davon, ob sie es verdient haben oder nicht - Wasser fairer geteilt haben“, erläutert Kause. Viele waren bereit, die Hälfte oder sogar mehr abzugeben, was gegen die Annahme spricht, dass Menschen in solchen Situationen rein selbstbezogen handeln. Im Gegensatz dazu gaben sie deutlich weniger Geld weiter, wenn sie dieses abhängig von ihrer Leistung verdient hatten. Letzteres Phänomen ist bereits in vielen anderen Studien nachgewiesen worden.

Geld erschwert Mitgefühl

Dass in Bezug auf die lebenswichtige Ressource Wasser aber mehr prosoziales Verhalten gezeigt wurde, „hat mich schon ein wenig überrascht“, erklärt die Studienleiterin. Im Vorfeld ihrer Pilotstudie habe es viele Stimmen gegeben, die durchaus einen anderen Ausgang für wahrscheinlicher gehalten hatten. Es scheine aber so zu sein, dass man sich durstig besser in den anderen einfühlen kann, was zum faireren Teilen führt. Da sich Geld dagegen auf verschiedene Art und Weise verwenden lässt, könnte das erschwerend darauf wirken, sich tatsächlich mitfühlend zu zeigen.

Aus anderen Anwendungen des Diktatorspiels ist bekannt, dass dann am wenigsten weitergeben wird, wenn es keine Verbindung zwischen Geber und Nehmer gibt. Im aktuellen Fall dürfte alleine durch das Wissen darüber, dass auch der Nehmer seine Zeit am Rad verbracht hat und entsprechend durstig ist, eine gewisse Identifikation entstanden sein. Kause: „Man ist also irgendwie nicht mehr hundertprozentig anonym.“ Ihre Ergebnisse könnten jedenfalls dazu anregen, in Ländern mit tatsächlicher Knappheit den Umgang mit primären Ressourcen zu untersuchen.

science.ORF.at/APA

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