Wie Politik und Forschung ums Klima ringen

Wenn über die Klimaerwärmung beraten wird, dann sitzt Österreich mit am Tisch. Zwei heimische Klimaforscher waren bei den jüngsten Verhandlungen des Weltklimarats IPCC in Südkorea dabei. Ihre Beobachtung: Ländervertreter treten nicht immer so auf, wie es der Staatschef vorgibt.

Er könne nicht beurteilen, ob die Klimaerwärmung vom Menschen mitverursacht, ob sie vielleicht wieder verschwinden werde - so US-Präsident Donald Trump erst kürzlich in einem Interview. Beim jüngsten Bericht des Weltklimarats IPCC sind auch die USA mit am Tisch gesessen, um den Bericht als final akzeptieren, an dem Reinhard Mechler, Risikoexperte vom Internationalen Institut für angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg, mitgearbeitet hat: „In diesem Rahmen gibt es keinen Zweifel, das ist das Interessante. Auch wenn Staatenlenker im öffentlichen Diskurs Zweifel säen, wenn diese Staatschefs oder ihre Mitarbeiter zu den Klimaverhandlungen kommen, ist es ganz klar: Der Stand der Dinge ist der Sachstandsbericht des IPCC, da gibt es kein Zurück.“

Feilschen um Worte

Gefeilscht wird aber trotzdem, so Keywan Riahi, Experte für Klimamodelle am IIASA: „Es gibt endlose Diskussionen über kleine Wörter wie ‚may‘ oder ‚could‘ oder ‚would‘. Sie können einen Satz von der Bedeutung her verändern. Häufig führen die Diskussionen zu einer Verbesserung des Texts.“ Das sei aber nicht immer der Fall, der jüngste Summary for Policymakers sei ein Beispiel, „bei dem man merkt, dass 190 Delegierte daran mitgeschrieben haben - oft auf Kosten der Verständlichkeit“, so Riahi.

Ein dürres Maisfeld.

APA/Roland Schlager

Reiche Ernte oder verdorrte Saat - 0,5 Grad Celsius machen laut IPCC einen Unterschied.

Die Wissenschaft präsentiert Modelle, die Politik braucht Daten und Fakten. Da werden in Verhandlungen viele Schleifen gezogen, getroffen hat man sich zuletzt beispielsweise beim Unterschied zwischen 1,5 und 2 Grad Celsius Erwärmung: „Bei diesem Unterschied gibt es einen Mittelwert von 400 Millionen Menschen, die von Extremereignissen betroffen sein werden. Die Wissenschaft und auch ich war sehr überrascht, als ich gesehen habe, wie groß dieser Unterschied ist.“ Konkret bedeutet das: Ein halbes Grad Celsius entscheidet, ob 400 Millionen Menschen sich eine neue Heimat suchen müssen, weil ihre Insel versinkt, ihr Land überflutet wird, ihr Feld unbrauchbar wird, weil Salzwasser eindringt.

Unsichere Aerosole

Natürlich gebe es in der Klimaforschung Unsicherheiten, zum Beispiel beim Thema Aerosole. Keywan Riahi: „Das sind kleinste Ruß- oder Schwefelteilchen in der Atmosphäre, die die Erde beschatten und aufgrund dieser Beschattung einen gewissen Kühlungseffekt schaffen. Wenn wir die Aerosole aus der Atmosphäre nehmen, führt das zu lokaler Erwärmung.“

Ö1-Sendungshinweis

Über Klimaberichte und ihre Verbindlichkeit berichten auch das Mittagsjournal und Wissen Aktuell am 19.10.2018.

Aber diese Erwärmung findet eben nur lokal statt, zum Beispiel in den Großstädten Chinas, wo die Luft derzeit besonders schmutzig ist, die Sonne deshalb nicht so stark einstrahlen kann. „Diesen Effekt können wir gut in Modelle gießen. Die lokalen Modelle wiederum in globale Klimaberechnungen einzuspeisen, ist nicht ganz einfach“, erklärt Keywan Riahi im Interview mit Ö1.

Problem Unverbindlichkeit

Die Politik hat sich mit dem Pariser Klimavertrag dazu bekannt, Maßnahmen gegen die globale Erwärmung zu setzen - allein: Es gibt keine Strafen, wenn ein Staat diese Ziele nicht erfüllt. Um Klimapolitik trotzdem verbindlicher zu machen, wurde der sogenannte Talanoa-Prozess gestartet. Länder sollen ihre Maßnahmen melden und Effekte transparent machen. Durch die Transparenz werde auch der öffentliche Druck steigen, so die Hoffnung. Gestern wurde der Talanoa-Prozess auch für Österreich gestartet, koordiniert wird er vom Climate Change Center Austria.

Klimaforscher Reinhard Mechler: „Der Bericht hat gezeigt, dass das Ziel von maximal 1,5 Grad Celsius Erwärmung, das in Paris vereinbart wurde, relevant ist. Es sollte angestrebt werden, weil es für viele Inselstaaten und Korallenriffe von existenzieller Bedeutung ist.“ Die Politik habe den Bericht beim Weltklimarat IPCC bestellt - nun sei es Zeit zu handeln.

Elke Ziegler, Ö1-Wissenschaft

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