Orion: Countdown zum Erstflug läuft

Die USA und Europa arbeiten an einem gemeinsamen Raumschiff. Orion soll Menschen zum Mond und eines Tages zum Mars fliegen. Nächstes Jahr wird es erstmals den Mond umkreisen. Die Europäer liefern jetzt das entscheidende Servicemodul nach Cape Canaveral.

„Zurück zu den Anfängen“ heißt das Motto der US-Raumfahrtbehörde NASA, die nach 30 Jahren Raumfähren nun wieder auf das Kapselkonzept setzt. “Es scheint ein Rückschritt zu sein, aber in der Sicherheit ist es ein großer Fortschritt“, findet der frühere ESA-Astronaut Ulrich Walter. Denn eine Kapsel sitzt oben auf der Rakete, hängt nicht seitlich an ihr, so wie die Space Shuttles es taten.

Orion Raumkapsel

NASA / Rad Sinyak

Orion Raumkapsel

Fällt etwas von oben herunter, trifft es nicht die Mannschaftskabine und kann sie nicht beschädigen. „Insofern ist es wirklich ein großer Fortschritt.“ Ulrich Walter war 1993 mit der US-Raumfähre Columbia im All. Das war zehn Jahre bevor abgeplatzter Schaum des Außentanks den Flügel des Shuttles beim Start beschädigt hatte, woraufhin die Fähre beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre verglühte. Eine Kapsel ganz oben auf der Spitze einer Rakete ist solch einer Gefahr künftig nicht mehr ausgesetzt.

Ö1 Sendungshinweis:

Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell am 25.10. um 13:55

Auch vom Anspruch her unterscheidet sich Orion von den Space Shuttles. In den vergangenen 40 Jahren hat sich die NASA darauf konzentriert, Ziele im Erdorbit anzusteuern, in nur etwa 300 Kilometer Höhe, wie die Internationale Raumstation (ISS). Orion wird das erste bemannte Raumschiff seit den Apollo-Zeiten und den Mond-Landungen werden, das sich weiter von der Erde entfernt.

Die Landung der Raumkapsel wird in der Wüste getestet

US Army

Die Landung der Raumkapsel wird in der Wüste getestet

Orion erinnert an NASA-Kapseln aus den Anfangsjahren der bemannten Raumfahrt, aus den 50er, 60er und 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts – nur größer. Aber was alt ist, muss nicht schlecht sein. Denn: Sicher ist sicher.

Einmal um den Mond herum

Das Raumschiff soll Astronauten dorthin tragen, wo seit 1972 kein Mensch mehr gewesen ist – zum Mond. Seine erste sogenannte Explorationsmission wird jedoch unbemannt sein. „Doch schon bei diesem Einsatz wird die Kapsel tiefer in den Weltraum vordringen als die Apollo-Kapseln es jemals gemacht haben“, betont Tony Antonelli, Cheftechnologe in der Abteilung Explorationssysteme beim US-Raumfahrtkonzern Lockheed Martin, der die Kapsel entwickelt und gebaut hat. Orion wird sich auf seinem Flug um den Mond etwa 70.000 Kilometer von ihm entfernen und bei seiner größten Annäherung in rund 100 Kilometern an ihm vorbei fliegen.

Ihre Missionen um den Mond wird Orion jedoch nicht auf sich allein gestellt antreten. Europa sei bei diesem Raumschiff ein unentbehrlicher Partner, betont Markus Jäger von Airbus Defence and Space in Bremen. “Der Beitrag der USA ist nur die Kapsel mit dem Aufenthaltsraum für die Astronauten“, so Jäger. „Aber alle lebensnotwendigen Dinge wie Wasser und Sauerstoff sind auf dem europäischen Part untergebracht.“ Und außerdem würde das europäische Modul den notwendigen Schub liefern, um die Astronauten zum Mond zu schießen.

Europas Service für Orion

Bei diesem europäischen Modul handelt es sich um ein Servicemodul. Es ist während des gesamten Fluges mit der Orion-Kapsel verbunden. Der schmucklose Name „Servicemodul“ versteckt den eigentlichen Sinn und Zweck dieser Einheit: Treibstoff, Atemluft, Steuerung, kurz: Alles, was für den Flug durch’s All und um den Mond herum wichtig ist, findet seinen Platz im hinteren, europäischen Teil der Orion-Flugkonfiguration. Kurz vor der Rückkehr zur Erde wird das Servicemodul abgesprengt und verglühen. Was übrig bleibt, geht im Pazifik unter. Das Crewmodul hingegen wird an Fallschirmen zurück zur Erde gleiten.

Das Servicemodul wird im Reinraum zusammengebaut

Airbus

Das Servicemodul wird im Reinraum zusammengebaut

Das Konzept für Amerikas bemannte Rückkehr ins All – unter europäischer Beteiligung – steht. Nun muss das Ganze noch auf dem Boden getestet werden, bevor es ab geht ins All. Es wird ein heißer Herbst werden für Orion und sein Servicemodul.

Ein Raumschiff auf Tournee

Zunächst wird das Servicemodul mit dem Flugzeug von Bremen ans Kennedy Space Center geflogen. „Wenn wir in den nächsten Wochen in Florida ankommen, wird unser Modul verbunden mit der amerikanischen Einheit, der Astronautenkapsel“, erklärt Markus Jäger von Airbus. In den USA wird aus Europas Servicemodul und der amerikanischen Mannschaftskapsel das komplette Orion-Raumschiff.

Danach werden weitere Tests durchgeführt an verschiedenen NASA-Standorten innerhalb der USA. So finden die Vibrations- und Thermaltests in der Nähe von Cleveland statt. Sowohl das europäische Servicemodul als auch die amerikanische Kapsel werden dafür per Flugzeug von Florida nach Ohio transportiert. „Diese Tests sind also ein ziemlicher Aufwand“, so Jäger. Dieser Aufwand soll Ende kommenden Jahres mit einer Mission um den Mond gekrönt werden soll. Geht dabei alles klar, steht einem zweiten Flug nichts im Wege, diesmal mit Menschen an Bord.

Guido Meyer, science.ORF.at

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