Die älteste Tierzeichnung der Welt

Ist es das Bild eines Rindes? Eine Zeichnung in einer Höhle auf der Insel Borneo wirft neues Licht auf die kulturelle Urgeschichte des Menschen. Archäologen kommen zu dem Schluss: Dies ist die älteste figürliche Darstellung der Welt.

Die rötlich-orange Zeichnung eines nicht genau erkennbaren Tieres sei mindestens 40.000 Jahre alt, schreibt das Team um Maxime Aubert von der Griffith University in Gold Coast in der Fachzeitschrift „Nature“.

Zwar existieren andernorts deutlich ältere Zeichnungen, diese stellen allerdings nur Symbole dar. Erst im September hatten norwegische Forscher über den Fund der eines Hashtag-ähnlichen Musters in einer Höhle in Südafrika berichtet. Die ockerfarbenen Striche auf einem Stein sind demnach vor etwa 73.000 Jahren entstanden.

Epochen der Höhlenkunst

Die Wandbilder in den Kalksteinhöhlen der indonesischen Provinz Ostkalimantan, von denen Aubert und sein Team nun berichten, sind seit mehr als zwei Jahrzehnten bekannt. Bislang konnte ihr Alter aber nicht bestimmt werden. Die Forscher der Griffith University teilen die Tausenden Bilder nun in mehrere Entstehungsphasen ein: Am ältesten sind demnach rötlich-orange Zeichnungen von Tieren sowie Handumrisse in der Höhle Lubang Jeriji Saléh. Einer der Handumrisse entstand der Studie zufolge bereits vor bis zu 51.800 Jahren.

Höhlenmalerei: Tiere und Handumrisse

Luc-Henri Fage / Kinez Riza

Höhlenkunst aus Borneo: die älteste Tierzeichnung (li.) sowie deutlich jüngere Handumrisse

Deutlich jünger sind Malereien mit Maulbeeren-Farbe. Die Forscher schätzen sie auf ein Alter von 20.000 bis 21.000 Jahren. Dabei sei bereits eine kulturelle Veränderung zu beobachten: Die Malereien mit Maulbeeren-Farbe stellten nicht mehr Tiere, sondern vor allem das menschliche Leben dar. In einer dritten Phase hätten die Künstler dann vermehrt schwarzen Farbstoff genutzt und Figuren, Boote sowie geometrische Muster gezeichnet.

Bemerkenswerte Parallelen zu Europa

„Der für mich bemerkenswerte Aspekt an unserer Studie ist, dass sich solche Epochen der Höhlenmalerei auch in Europa finden - und vor allem: dass die zeitliche Abfolge auf beiden Kontinenten sehr sehr ähnlich ist“, sagt Maxime Aubert im Gespräch mit science.ORF.at. Dass diese Parallelentwicklung durch kulturellen Austausch entstanden ist, könne man aufgrund der Distanz ausschließen. Aubert vermutet: Möglicherweise gab es einen „globalen Auslöser“ für die kulturellen Schübe, ein Kandidat dafür könnte das Klima sein.

Um das Alter der Malereien zu bestimmen, nutzten die Forscher die sogenannte Uran-Thorium-Datierung. Dabei wird die Kalkschicht untersucht, die sich über die Jahrtausende auf der Farbe gebildet hat. Ihr Alter lässt sich daran erkennen, wie stark die in ihr enthaltenen Uran-Isotope radioaktiv zerfallen und zu Thorium umgebildet worden sind.

science.ORF.at/dpa

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