Zweifel an Grönlandkrater-Studie

Ist die Sensation wieder abgesagt? Der österreichische Impakt-Experte Christian Köberl hegt Zweifel an dem kürzlich entdeckten Riesenkrater unter Grönlands Eisdecke: Die Studie beinhalte „Überinterpretationen und Widersprüche“.

Die Vorgeschichte: Forscher um Kurt Kjaer vom Zentrum für GeoGenetics am Naturhistorischen Museum der Universität Kopenhagen berichteten diese Woche im Fachjournal „Science Advances“ von einem 31 Kilometer großen Einschlagkrater unter dem Eisschild Grönlands.

Eine 2015 am äußersten Rand der Eisdecke entdeckte kreisförmige Vertiefung danach vorgenommene Eisradar-Aufnahmen aus dem Flugzeug bestätigten für die Wissenschaftler die Struktur eines Einschlags. Zudem verwiesen sie auf aus dem Krater gespülten Quarzsand, der die für einen Einschlag typischen Deformationsmerkmale aufwies.

Offene Fragen

Für Köberl zeigen nur auf Fernerkundung basierende Untersuchen nichts anderes als die mögliche Existenz einer kreisähnlichen Struktur unter dem Gletscher, „von einem Nachweis eines Einschlagkraters unter dem Eis zu sprechen, ist schlichtweg falsch“. Welcher Natur die Struktur sei, könne man ohne Untersuchungen der Gesteine nicht nachweisen.

Radarvermessung des Kraters

Natural History Museum of Denmark, Cryospheric Sciences Lab, NASA Goddard Space Flight Center, Greenbelt, MD, USA

Die Existenz einzelner loser Gesteinsstücke mit möglichen geschockten Quarzen als Beweis für einen Einschlag anzunehmen, „ist mehr als gewagt“. Man könne nicht wissen, wo das Gestein genau herkomme, eine eindeutige Zuordnung sei keinesfalls möglich.

Kein Zentralberg, kein Auswurf

Die Wissenschaftler betonten, dass sie den unter einem Kilometer Eis liegenden Krater bisher nicht datieren konnten, vermuteten aber, dass er aus geologischer Sicht recht jung und möglicherweise erst vor 12.000 Jahren entstanden sein könnte. Für Köberl müsste ein so frischer Krater einerseits noch thermale Anomalien aufweisen. Andererseits fehle der für alle Krater mit einem größeren Durchmesser als vier Kilometer typische Zentralberg oder innere Ring.

„Ein so junger Krater müsste erhebliche topographische Veränderungen zeigen, was sich am darüber liegenden Eis aber nicht abzeichnet“, sagte der Impakt-Experte. Zudem müsste es bei einem jungen Krater dieser Größe fünf bis zehn Kraterdurchmesser entfernt die sogenannte „proximale Auswurflage“ geben, die viele hundert Meter dick wäre - „aber die gibt es nicht“.

science.ORF.at/APA

Mehr zu diesem Thema: