Anästhesisten warnen vor Fachärzte-Mangel

Anästhesisten spielen nicht nur im Operationssaal eine zentrale Rolle, sie werden auch bei der Behandlung von Schmerzen immer wichtiger. Nun aber warnt die Fachgesellschaft vor einem Ärztemangel, den letztlich auch die Patienten spüren würden.

Die Anästhesie hat immer mehr Aufgaben, aber immer weniger Leute, sagt Achim von Goedecke. In den nächsten Jahren gehen durchschnittlich 150 Fachärzte und -ärztinnen pro Jahr in Pension, so der Vorstand der medizinischen Fachgesellschaft: „Derzeit kommen pro Jahr 120 Anästhesisten neu als Fachärzte dazu, aber dennoch wird sich ein Defizit entwickeln.“

Zu wenige Ausbildungsplätze

Kombiniert mit den gesetzlich vorgeschriebenen, neuen Arbeitszeiten befürchtet der Leiter der Anästhesie und Intensivmedizin am Landesklinikum Steyr und Vorstand der Österreichischen Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin, dass auch Patienten und Patientinnen den Mangel spüren werden: „Das würde heißen, dass es weniger OP-Termine geben wird, die Wartelisten länger werden. Unsere Spezialangebote wie die chronische Schmerztherapie müsste reduziert werden, lebensrettende Notarztstützpunkte könnten nicht mehr oder nur mehr lückenhaft besetzt werden.“

Ö1 Sendungshinweis:

Über das Thema berichtet auch das Mittagsjournal am 20.11.2018.

Dass es am Fach Anästhesie selbst liegen könnte, dem - im Vergleich etwa zur Onkologie oder Inneren Medizin - geringeren öffentlichen Ansehen, dafür sieht Goedecke keine Hinweise, im Gegenteil: Eine Umfrage der Ärztekammer unter Studierenden zeigt, dass die Anästhesie sehr beliebt ist. Von allen medizinischen Fächer steht sie demnach an zweiter Stelle. Vielmehr gebe es zu wenige Ausbildungsplätze, so Goedecke: „Alle Krankenanstalten und Träger sind gefordert, mehr Ausbildungsstellen zur Verfügung zu stellen.“

Hohe Ausbildungskosten

Von den in der Anästhesie tätigen Ärzten müsste mindestens ein Viertel in Ausbildung sein, also eine Nachwuchskraft, will man den Mangel decken. Derzeit sind es deutlich weniger „Auszubildende“, alle Krankenhäuser zusammengerechnet knapp ein Fünftel. Da seien die Krankenanstalten gefordert, mehr in die Ausbildung zu investieren - die Fachgesellschaft nimmt mit Hinweis aus Ausbildungskosten von 150.000 Euro pro Anästhesist aber auch die Politik in die Pflicht: „Wenn Sie heute einen jungen Kollegen in der Anästhesie ausbilden, heißt das: Sie brauchen für eine bestimmte Zeit eine Doppelbesetzung, Sie müssen eine fachärztliche Aufsicht jederzeit gewährleisten - das ist kosten- und personalintensiv. Deshalb müssen Mittel zur Verfügung gestellt werden.“

Gerade in der Anästhesie verspricht man sich einiges von computergestützten Systemen, die Daten zu Herzaktivität, Blutdruck, Beatmung und Betäubung sammeln, in kurzer Zeit auswerten und so Entscheidungen erleichtern. All das sei möglich, so Achim von Goedecke. „Aber wir können uns nicht vorstellen, dass ein Patient durch einen Roboter im Bereich der Anästhesie behandelt wird.“

Elke Ziegler, Ö1-Wissenschaft

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