Ionenwind: Der Flugzeugantrieb der Zukunft?

Nein, das ist keine Fantasie aus dem Star-Trek-Universum, sondern ein handfester Prototyp aus dem Labor: Wissenschaftler des MIT haben erstmals ein Flugzeug mit Ionenantrieb gebaut. Der Jungfernflug verlief erfolgreich.

Für die Vorstellung seiner Erfindung hat sich MIT-Forscher Steven Barrett die historisch passende Kulisse ausgesucht: eine Vickers Vimy aus dem Londoner Science Museum - jene Propellermaschine, mit der den beiden Briten John Alcock and Arthur Brown anno 1919 der erste Transatlantikflug gelang.

Die Vickers Vimy steht für ein Prinzip, das von der Erfindung der ersten motorbetriebenen Flugzeuge bis zum heutigen Tage Gültigkeit hat. Was auch immer für die Kraftübertragung in der Luft sorgen mag, sei es ein Propeller oder eine Gasturbine, es sind immer mechanisch bewegte Teile im Spiel.

Zeitalter der „Elektro-Aerodynamik“

Doch es geht auch anders, und zwar mit der Kraft der Ionen. Das Zeitalter der „Elektro-Aerodynamik“ hat begonnen, schreiben nun Barrett und seine Kollegen im Fachblatt „Nature“. Der Name mag neu sein, das dahinter stehende physikalische Phänomen ist es gleichwohl nicht. Im Grunde weiß man seit mehr als 100 Jahren, dass geladene Luftmoleküle eine Beschleunigung erfahren, sofern sie in ein elektrisches Feld geraten. Kollidieren sie danach mit neutralen Teilchen, geben sie einen Teil ihres Impulses ab - und die Luft beginnt zu strömen.

Der 2,4 Kilogramm schwere Prototyp vom MIT erreicht das durch eine Spannung von 40.000 Volt zwischen zwei Polen vor bzw. an den Tragflächen und fliegt, angetrieben durch die strömenden Luftteilchen, derzeit 60 Meter weit. Das alles wohlgemerkt ohne all die Nebengeräusche, die man von herkömmlichen Motoren und Rotoren kennt.

Wo liegt das Limit?

Barrett will auf diese Weise etwa Drohnen zu lautlosem Flug verhelfen, spektakulärer wäre es freilich, wenn die Technologie auch bei Passagierflugzeugen zum Einsatz käme. Was nicht völlig unrealistisch ist: Berechnungen zeigen etwa, dass die Propeller des Leichtbaufliegers Solar Impulse durch solch einen Ionenantrieb im Prinzip ersetzbar wären. Selbst Anwendungen bei tonnenschweren Flugzeugen wollen die Forscher nicht ausschließen.

Solar Impulse ist im Übrigen noch so ein Modell, das sich für zukünftige Präsentationen in der „Flight Gallery“ des Londoner Science Museum gut machen würde. Den Schweizern Bertrand Piccard und Andre Borschberg gelang darin 2016 der erste solarbetriebene Rundflug um die Welt.

Robert Czepel, science.ORF.at

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