Wenn der Sex nicht klappt

Vier von zehn Frauen und drei von zehn Männern haben Probleme beim Sex. Manche werden die Probleme wieder los, andere kämpfen ein Leben lang damit. Aber Hilfe ist möglich, so Experten bei einer Tagung in Wien. Manchmal reicht es schon, darüber zu reden.

Entweder fehlt die Lust, der Geschlechtsverkehr schmerzt, es kommt zu keinem Orgasmus oder es klappt nicht mit der Erregung. Zum Problem werden diese Sexualstörungen, wenn sie mehrere Monate andauern und vor allem, wenn sie von den betroffenen Person auch als Problem empfunden werden und belastend sind. Das ist aber nicht immer der Fall, wie die Sexualmedizinerin Annamaria Giraldi von der Universität Kopenhagen erklärt. „Vor allem im Alter steigen zwar tendenziell die Probleme bei Männern und Frauen, viele gehen aber gelassen damit um.“ Das zeigen Umfragen.

Pille, Diabetes, Stress und Co.

Gründe für sexuelle Funktionsstörungen gibt es viele. Sie reichen von hormonellen Veränderungen, Stress, Rauchen über Fettleibigkeit bis hin zu Nebenwirkungen von chronischen Erkrankungen und Medikamenten. So tauchen Erektionsstörungen bei Männern häufig im Zusammenhang mit Diabetes auf. Auf der anderen Seite haben rund 60 Prozent der Frauen mit Herzgefäßerkrankungen Sexualstörungen, bei Rheuma sind es etwa 90 Prozent, berichtet die Sexualmedizinerin Michaela Bayerle-Eder vom AKH Wien.

Aber auch Depressionen, Krebs und andere Erkrankungen können die Sexualfunktion beeinträchtigen. In den meisten Fällen spielen biologische, psychologische und soziale Faktoren zusammen. „Das wird oftmals leider vernachlässigt. Bei Frauen gilt eine Sexualstörung eher als psychisches Problem. Bei Männern hingegen geht man in der Regel von einer biologischen Ursache aus. Was in der Regel nicht richtig ist. Es ist fast immer eine Kombination“, erklärt Giraldi.

Ö1-Sendungshinweis

Diesem Thema widmen sich auch das Mittagsjournal sowie die Nachrichten am 23.11.

Veranstaltungshinweis

Die Fachkonferenz „Sexualmedizin Interdisziplinär“ findet von 23.-24.11. in Wien statt. Um 18 Uhr hält Konrad Paul Liessmann am AKH in Wien einen öffentlichen Vortrag zum Thema „Eros und Barbarei. Sexualität und Liebe im digitalen Zeitalter“.

Bei jungen Frauen wiederum kann die Pille zu Sexualstörungen, genauer zu Störungen in der Libido führen. Demnach verhindern manche Präparate, dass im Laufe des Zyklus vermehrt das Lusthormon Testosteron ausgeschüttet wird, wie die Sexualmedizinerin Bayerle-Eder vom AKH Wien erklärt. „Das wissen die jungen Mädels gar nicht. Sie kriegen die Pille verschrieben und kennen ihre Sexualität unter Umständen dann erst, wenn sie die Pille nach Jahren wieder abgesetzt haben.“ Hier kann es etwa helfen, die Pille zu wechseln.

„Let´s talk about sex“

Unabhängig vom Grund für eine Sexualstörung, wichtig ist in jedem Fall, dass man darüber spricht, betont Bayerle-Eder. Einerseits mit seinem Arzt, andererseits mit dem Partner. Denn: „Sexualität ist die höchste Form der Kommunikation zwischen zwei Menschen.“

Die Wiener Sexualmedizinerin hat eine Studie mit Frauen nach der Menopause durchgeführt. Während die einen mehrere Wochen das sogenannte Kuschelhormon Oxytocin einnahmen, bekamen die anderen ein Placebo. In beiden Fällen verbesserte sich die Kommunikation in der Partnerschaft und dadurch auch die Zufriedenheit mit dem Sexualleben - für beide.

„Das wichtigste ist, dass man in einer Partnerschaft darüber redet, wie man sich die Sexualität vorstellt und das liebevoll kommuniziert, sodass es der andere annehmen kann.“ Zudem helfen in vielen Fällen Sport und eine gesunde Ernährung. Bei anderen Betroffenen kann es wiederum eine Hormontherapie oder ein Medikamentenwechsel helfen. „Gerade bei der Einnahme von Psychopharmaka kann es zu sexueller Dysfunktion kommen. Darauf sollten Ärzte ebenfalls achten. Hier kann es helfen, wenn man ein alternatives Medikament verschreibt“, erklärt die Sexualmedizinerin.

Ruth Hutsteiner, Ö1-Wissenschaft

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