Wie Europas Forschung „open“ werden soll

Öffentlich finanzierte Forschung Open Access, also frei zugänglich für alle, machen: Das ist das Ziel einer großen Koalition europäischer Förderorganisationen. Sie hat nun die Pläne für die Umsetzung präsentiert.

Mittlerweile besteht die „cOAlition S“ aus 18 europäischen Forschungsförderungsorganisationen, darunter auch der Wissenschaftsfonds (FWF). Als Reaktion auf immer höhere Kosten im Verlagswesen hatte sie sich im September gegründet und ist seither stetig angewachsen. Die Mitglieder verpflichten sich, den „Plan S“ zu unterstützen, demzufolge nur noch Studien gefördert werden, die ab dem Zeitpunkt der Publikation für die Öffentlichkeit frei zugänglich sind – und nicht erst nach einer Sperrdauer von sechs bis zwölf Monaten wie heute oft üblich.

Nach Kritik aus der Community

Ab 2020 soll der „Plan S“ in Kraft treten. Die Frage, ob dann etwa Publikationen in wichtigen Fachzeitschriften wie „Science“ und „Nature“ noch möglich sein werden, hatte zuletzt zu Kritik aus der Community geführt. In einem von einer schwedischen Chemikerin verfassten, offenen Brief wurde das Vorhaben scharf kritisiert.

Zwar unterstützen die Unterzeichner prinzipiell Open Access und glauben auch, dass der „Plan S“ in guter Absicht geschrieben wurde. Er ginge aber zu weit, sei „gegenüber Forschern unfair und für die Wissenschaft generell zu riskant“, wie es in der Einleitung des offenen Briefs heißt. Unterzeichnet wurde er bisher von rund 1.400 Forschern und Forscherinnen aus ganz Europa, darunter auch 15 aus Österreich (Stand: 27.11).

Ö1-Sendungshinweis

Diesem Thema widmete sich auch ein Beitrag in „Wissen aktuell“ am 27.11. um 13.55 Uhr.

Vertreter der Koalition sprachen danach von „Missverständnissen“ und „fehlenden Details“, die noch nachgeliefert würden. Genau das ist Montagabend bei einem Treffen in London nun geschehen. Die Leitlinien sind erschienen, die nun für Klarheit für die Umsetzung von „Plan S“ sorgen sollen.

Drei Möglichkeiten für Open Access

Darin sind drei Möglichkeiten enthalten, was künftig unter Open Access verstanden wird. Erstens: eigene Open-Access-Zeitschriften. Zweitens: Publikationen gleichgültig wo - also auch in renommierten, bezahlpflichtigen Zeitschriften wie „Science“ und „Nature“ - aber gleichzeitig auch in einem öffentlich zugänglichen Onlinearchiv, und zwar ohne Sperrfrist. Drittens: im Rahmen von Transformationsmodellen. „Das sind kurz gesagt Vereinbarungen zwischen Bibliotheken, Förderorganisationen und Verlagen“, erklärte der FWF-Experte Falk Reckling. „Sie erlauben es Autoren, in bezahlpflichtigen Zeitschriften zu veröffentlichen – ohne dass die Verlage zweimal kassieren, einmal durch das Abo und einmal für die Veröffentlichung.“ Dabei handle es sich um ein Übergangsmodell, das 2024 auslaufen soll.

Das generelle Ziel laut Reckling: „Wir setzen Anreize, dass es zu neuen Publikationsmodellen kommt, die ein vollständiges Open Access ermöglichen.“ Die Wissenschaftsverlage sollen sozusagen mit sanftem Druck dazu gebracht werden, ihre Geschäftsmodelle zu überdenken. Dieser Druck hat schon jetzt dazu geführt, dass die großen Verlage wie Elsevier und Springer Nature verschiedene Varianten von Open Access anbieten.

Feedback für alle bis Februar 2019

Was die Lizenzen betrifft, spricht sich „Plan S“ für die aus Sicht der Autoren und Autorinnen liberalste Variante aus. „Sie behalten anders als bisher das Copyright und übertragen es nicht auf die Verlage“, sagte Reckling. „Außerdem soll es so sein, dass für die maximale Weiterverwendung der Publikation gesorgt ist – unter der üblichen Bedingung, dass die Autoren zitiert werden.“

Der Kritik, die von Forschern und Forscherinnen in dem offenen Brief geäußert wurde, soll durch ein Konsultationsverfahren begegnet werden. Bis Februar 2019 können sich alle Forscher und Forscherinnen einbringen, mit der finalen Version von „Plan S“ ist im nächsten Frühjahr zu rechnen.

Lukas Wieselberg, science.ORF.at

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