Wie viele „Glühbirnen-Minuten“ in Butter stecken

Vielen Lebensmitteln sieht man nicht an, wie viel Produktionsaufwand in ihnen steckt. Die meisten Menschen unterschätzen ihn. Eine Kennzeichnung in Form einer Glühbirne mit Zeitangabe könnte helfen, meinen Forscher.

Eine soeben in „Nature Climate Change“ erschienene Studie bestätigt einmal mehr, dass es dem Klima helfen würde, wenn statt Fleisch- und Milchprodukten häufiger pflanzliche Kost auf den Tellern landen würde. Wie aber soll man eine solche allgemeine Ernährungsumstellung anstoßen bzw. klimafreundliche Kaufentscheidungen fördern, ohne neue Steuern oder andere gesetzliche Regulierungen einzuführen? Eine Möglichkeit wären Information und Bewusstseinsbildung. Bringt nichts, meinen viele. Könnte es aber, wie eine ebenfalls in „Nature Climate Change“ erschienene Studie nun zeigt.

Butter wird geschnitten, in einem französischen Betrieb in Nantes

REUTERS/Stephane Mahe

In diesem französischen Betrieb in Nantes wird Butter noch von Hand zugeschnitten

Laut den Forschern um Adrian R. Camilleri von der australischen University of Technology Sydney wollen viele Konsumentinnen und Konsumenten nämlich sehr wohl klimafreundlich einkaufen. Es fehle ihnen aber das entsprechende Wissen. Befragungen zeigen: Den meisten Menschen ist gar nicht bewusst, wie viel Energie die Produktion von Nahrungsmitteln verbraucht bzw. wie viele Treibhausgase dabei entstehen.

Bei anderen Produkten, wie zum Beispiel Haushaltsgeräten, konnten die Probanden den realen Gesamtverbrauch etwas besser einschätzen. Das liegt vermutlich daran, dass man etwa einem Stück Butter im Vergleich zu einer Waschmaschine kaum ansieht, was alles drin steckt. Das reicht vom Energieaufwand bei der Viehzucht über den Methanausstoß der Kühe bis zu Verpackung und Transport.

„Glühbirnen-Minuten“

Selbst sehr überlegte und bewusste Konsumenten haben oft Schwierigkeiten, die Klimalast von Lebensmitteln realistisch einzuschätzen. Laut Camilleri und seinem Team könnte gezielte und verständliche Information hier tatsächlich helfen. Im zweiten Teil ihrer Studie haben sie eine entsprechende Kennzeichnung an Probanden getestet. Dargestellt wurde der Fußabdruck eines Produkts in Form von „Glühbirnen-Minuten“, also ein Glühbirne mit einer Zeitangabe - darunter können sich die meisten etwas vorstellen, schreiben die Forscher. Zusätzlich verwendeten sie noch eine Skala von Grün bis Rot.

In einer Vergleichsgruppe wurden reale Beschriftungen von Lebensmitteln verwendet: Zutaten, Herkunft etc. Vor die Wahl gestellt, entschieden sich die Probanden in der Glühbirnen-Gruppe tatsächlich häufiger für das klimafreundliche Produkt als die Vergleichsgruppe.

Druck auf Hersteller

Eine informative und verständliche Kennzeichnung von Produkten sei hilfreich, schreiben Michael P. Vandenbergh und Kristian Steensen Nielsen in einem Begleitkommentar zur Studie, der Konsument allein werde das Klimaproblem aber sicher nicht lösen können.

Der größere Teil der Verantwortung liege bei den Erzeugern und Konzernen. Letztlich haben sie es in der Hand, wie ressourcenschonend oder aufwendig Lebensmittel produziert werden und welche Auswahl sie im Handel platzieren. Aber auch auf dieser Seite könnten CO2-Labels nützlich sein, so die Autoren. Vielleicht stoßen die Produzenten dadurch auf zuvor unerkannte Einsparmöglichkeiten. Außerdem würde der Ruf der Hersteller leiden, wenn sie bei der Kennzeichnung schlecht abschneiden. Das erzeugt Druck. Weil sich mit klimafreundlicheren Produkten gut werben lässt, könnte das Angebot so weiter wachsen.

Eva Obermüller, science.ORF.at

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