2019 - Das Jahr im All

Auf den Startrampen in Cape Canaveral, Kasachstan und Kourou laufen die Vorbereitungen für die Raumfahrtmissionen des nächsten Jahres. Die Höhepunkte: Mondlandungen, Kapselflüge - und der Besuch bei einem Brocken am Rande des Sonnensystems.

Der kleine Schritt für einen Menschen, der ein großer Schritt für die Menschheit war, jährt sich 2019 zum 50. Mal. Ein halbes Jahrhundert wird es im Sommer her sein, dass Neil Armstrong als erster Mensch den Mond betrat. Und auch fünf Jahrzehnte später steht der Mond noch – oder besser: wieder – im Mittelpunkt internationaler Raumfahrtaktivitäten. Nichts Neues im All also, möchte man meinen. Doch die anstehenden Projekte unterscheiden sich von früheren Mondmissionen. Beispiel eins: Indien will erstmals einen Rover auf den Mond schicken. Das haben bislang nur die USA, die UdSSR und China geschafft.

Beispiel zwei: Noch ein Raumfahrtneuling will im neuen Jahr zum Mond – nämlich Israel. Mit seinem Mondlander wollte das Unternehmen SpaceIL eigentlich den Lunar X Prize gewinnen – 20 Millionen Dollar für das erste private Team, dem es gelingt, einen Rover auf dem Mond abzusetzen. Da dies keines der internationalen Teilnehmer vor Ablauf der Frist geschafft hatte, wurde der Preis 2018 eingestellt. Liefe der Wettbewerb noch, würde ihn SpaceIL wohl im Frühjahr gewinnen.

„Wir waren 2010 das letzte Team, das sich für den Lunar X Prize registriert hat, und nun sind wir die ersten, die mit einer Falcon-9-Rakete von SpaceX zum Mond fliegen“ freut sich Yonatan Weintraub, der SpaceIL 2010 mitgegründet hat. „Es ist das kleinste Raumschiff, das jemals auf dem Mond gelandet ist - aber Israel ist schließlich auch ein kleines Land.“

Weltraumtourismus – jetzt aber wirklich?

Nicht ganz so weit will das Unternehmen Virgin Galactic hinaus ins All. Genau genommen soll sein SpaceShipTwo nicht einmal in eine Erdumlaufbahn fliegen. Es wird stattdessen in rund 100 Kilometer Höhe nur einmal kurz am Weltraum kratzen, bevor es zurück zur Erde fällt. Damit würde es 2019 endlich wirklich losgehen mit dem Weltraumtourismus.

Ö1-Sendungshinweis:

Diesem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell am 2. Jänner um 13:55 Uhr.

Aber: „Wir wissen immer noch nicht genau, ab wann kommerzielle Kunden gegen Bezahlung ins All transportiert werden“, betont der Raumfahrtexperte Fabian Elingsfeld vom Rüsselsheimer Büro der britischen Unternehmensberatung PRICE Systems. „Diese ständige Ankündigung, im nächsten Jahr würde geflogen, die hören wir jetzt zum zehnten Mal.“ Die andauernden Statements von Richard Branson, dass der Weltraumtourismus nunmehr unmittelbar bevorstünde, hätten den Markt für privates Kapital in eine Art Schockstarre versetzt, findet Eilingsfeld. „Alle potenziellen Investoren warten seit Jahren lieber erst einmal ab, was mit Virgin Galactic passiert.“

Ums nötige Kleingeld müssen sich weder SpaceX noch Boeing Sorgen machen. Beide US-Firmen wollen höher hinaus als Virgin Galactic – und zwar bis zur Internationalen Raumstation. SpaceX will 2019 erstmals Menschen an Bord der Dragon-Kapseln zur ISS schicken.

Dies wäre der erste Start von US-Astronauten von amerikanischem Boden seit dem Einmotten der Space Shuttles 2011. „Unsere Falcon-9-Rakete wird künftig bis zu sieben Personen in den Weltraum befördern“, betont Gwynne Shotwell, die Präsidentin von SpaceX. Im Inneren werden die Dragon-Kapseln ein wenig anders aussehen: Bei den bisherigen Versorgungsflügen zur ISS gab es Schränke mit Nutzlast. Bei den bemannten Missionen wird es Sitzgelegenheiten für die Astronauten geben.

Kapsel statt Shuttle

Konkurrent von SpaceX ist der US-Luft- und Raumfahrtkonzern Boeing. Seine Kapsel heißt Starliner. Auch sie soll 2019 erstmals Astronauten zur ISS transportieren. Einer der Astronauten auf dem Jungfernflug wird Chris Ferguson sein, der bis 2011 in Diensten der US-Weltraumbehörde NASA stand und mit den amerikanischen Raumfähren ins All geflogen ist.

„Es ist ein ganz anderer Ansatz als die Space Shuttles es waren“, findet der US-Pilot. Die Raumfähren waren geflügelte Vehikel. Sie konnten mehrmals eingesetzt werden und enorme Mengen an Nutzlast ins All transportieren. Der Starliner hingegen verfolge einen eher traditionellen Ansatz. „Kapseln sind kleiner, einfacher gebaut, sie befördern vor allem Menschen, weniger Fracht, und sie sind sicherer.“

Das Ding „jenseits der Welt“

Bliebe der Hinweis, dass das Weltraumjahr 2019 eigentlich längst begonnen hat, gleich am 1. Jänner – und zwar unter dem Motto: Wiedersehen macht Freude. Als die Raumsonde New Horizons 2006 in Richtung Pluto startete, da war Pluto noch ein Planet. Mittlerweile zieht er nur noch als Zwergplanet seine Bahnen um die Sonne.

2015 hat die Sonde ihn erreicht, nach neun Jahren Flug hinaus an den Rand des Sonnensystems. Doch damit war die Mission von New Horizons noch nicht zu Ende: „Nachdem wir Pluto passiert hatten, ergab sich die Gelegenheit, ein weiteres Objekt im Kuiper-Gürtel zu besuchen, einen Nachbarn von Pluto, der ebenfalls in diesem Ring aus Gestein am Rand des Sonnensystems seine Bahnen zieht“, so der Planetologe Marc Buie vom Southwest Research Institute in Boulder, Colorado.

Nach einer zehnjährigen Suche hatten Astronomen diesen Himmelskörper erst 2014 nachweisen können. Es ist eines der lichtschwächsten Objekte, das jemals im äußeren Sonnensystem nachgewiesen wurde. Entsprechend klein ist es: Auf einen Durchmesser von gerade einmal 30 Kilometer kommt der Brocken, der den lateinischen Namen Ultima Thule erhielt. Das bedeutet so viel wie „jenseits der bekannten Welt“. Denn dieser Kleinplanet befindet sich noch einmal eine Milliarde Kilometer jenseits von Pluto – was für ein Ziel, um das Weltraumjahr 2019 einzuläuten.

Guido Meyer, science.ORF.at

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