Forscher studieren E-Autos am „leisesten Ort Europas“

Elektrofahrzeuge gelten als emissionsfrei, was aber nur bedingt stimmt. In Fahrt emittieren sie Lärm und elektromagnetische Strahlung. Um künftige Standards vorzubereiten, untersuchen europäische Experten nun die elektromagnetischen Emissionen am „leisesten Ort Europas“.

Um herauszufinden, in welchem Ausmaß vor allem die neueren und immer schnelleren Fahrzeuge elektromagnetische Strahlung ausstoßen, wurde ein nahezu komplett abgeschirmten Hightech-Raum an der Gemeinsamen Forschungsstelle der EU-Kommission (JRC) in Ispra errichtet, wie der Leiter des „European Interoperability Centre“ für Elektrofahrzeuge und Smart Grids des JRC, Harald Scholz, gegenüber der APA erklärt. Im Zuge gesteigerter Leistung nehmen die elektromagnetischen Emissionen beim Anfahren, Abbremsen oder an den immer effizienteren Ladestationen zwar zu - zur verlässlichen Detektion der Strahlung braucht es aber äußerst sensible Sensoren und möglichst wenig Störsignale von außen.

Der Hightech-Prüfstand erlaubt Spitzengeschwindigkeiten um die 210 Stundenkilometer. Hier könne E-Mobilität sehr nahe an der Realität „gespielt“ werden, sagte Scholz, der mit dem Austrian Institute of Technologie (AIT), der Technischen Universität Graz, der Montanuniversität Leoben oder dem steirischen Antriebsstrangentwickler und Spezialist für Software und Testsysteme, AVL List, auch auf einige österreichische „Mitspieler“ verwies. Getestet werden nicht nur bereits gängige Modelle, sondern auch Prototypen von Fahrzeugen und Ladesystemen durchlaufen die in einem langwierigen Prozess geplante und errichtete Einrichtung unweit von Mailand.

Grundlage für Gesetze

Für gesunde Menschen sind die Emissionen unbedenklich, so der Wissenschaftler. Sie könnten aber zum Beispiel die Handykommunikation oder möglicherweise Herzschrittmacher beeinträchtigen. Ebenso könnte ein Vorbeifahren an Umspannwerken, wo starke Magnetfelder erzeugt werden, wiederum Auswirkungen auf die Systeme der Fahrzeuge selbst haben.

Mit dem für den wissenschaftlichen Dienst der Europäischen Kommission relativ neuen wissenschaftlichen Betätigungsfeld der Elektromobilität befinde man sich im Bereich der „pränormativen Forschung“, sagte Scholz. Es gehe hier nämlich darum, auch die methodischen Grundlagen für künftige gesetzliche Regelungen und Industriestandards in dem sich entwickelnden Technologiefeld zu schaffen.

Was die neuen Anforderungen der Elektromobilität und der zunehmend dezentralen Stromerzeugung mittels Windkraft- oder Solarenergieanlagen dann für das gesamte im Umbruch befindliche Stromnetz bedeuten, müsse man in größerem Maßstab analysieren. Da das jedoch nicht im echten Netz möglich ist, wird dieses in einer Art Labor-Miniatur bestehend aus echten Bauteilen und am Computer simuliert. Ansätze, wie all die komplexen neuen Anforderungen unter einen Hut gebracht werden können, erforschen die Experten um Scholz etwa in enger Zusammenarbeit mit Forschern des AIT in Wien, wie der JRC-Forschungsleiter betont.

science.ORF.at/APA

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