Neuronales Netz als Quantenphysiker

Mit der Quantenmechanik lässt sich das Verhalten von wenigen Atomen gut beschreiben. Bei hunderten Atomen scheitern selbst Supercomputer. Mit einem neuronalen Netzwerk konnten Forscher nun Eigenschaften von Wasser quantenmechanisch reproduzieren.

Wasser ist ein besonderer Stoff mit vielen Eigenschaften, in denen es sich von fast allen anderen Flüssigkeiten unterscheidet. Die bekannteste ist die sogenannte Dichteanomalie: Wasser hat bei Normaldruck seine höchste Dichte bei vier Grad Celsius. Doch trotz seiner einfachen chemischen Formel H2O sind die thermodynamischen Eigenschaften von Wasser und Eis nur sehr schwierig vorherzusagen.

Die Studie

„Ab initio thermodynamics of liquid and solid water“ (sobald online), PNAS, 31.12.2018

Das Forscherteam um Michele Ceriotti von der Ecole Polytechnique Federale de Lausanne, darunter Christoph Dellago von der Fakultät für Physik der Universität Wien, setzten in ihrer nun veröffentlichten Arbeit auf maschinelles Lernen. Sie ließen ein neuronales Netz die quantenmechanischen Wechselwirkungen zwischen Atomen lernen und Vorhersagen über die Energie und Kräfte für ein System von Atomen treffen.

„Das neuronale Netz ist nicht perfekt, im Vergleich zu aufwendigen quantenmechanischen Berechnungen bleibt ein gewisser Restfehler übrig“, erklärt Dellago im Gespräch mit der APA. Diesen Fehler können die Wissenschaftler aber durch zusätzliche quantenmechanische Berechnungen korrigieren.

Effiziente Berechnung

„Das Schöne ist, dass wir nicht mehr so viele Berechnungen brauchen, weil das neuronale Netz eine sehr gute Näherung liefert und von den Kosten her viel günstiger ist als die Berechnungen mit der Schrödinger-Gleichung“, so Dellago. Aufgrund der Effizienz des neuronalen Netzes können die Forscher auch eine quantenmechanische Berechnung für die Atomkerne durchführen.

Üblicherweise werden die Kerne als massive Teilchen mit klassischer Physik behandelt und nur die Elektronen quantenmechanisch berechnet. Dass aber auch in den Kernen Quanteneffekte eine Rolle spielen, zeigt laut Dellago etwa die Tatsache, dass schweres Wasser (dieses hat im Wasserstoff-Kern ein zusätzliches Neutron) und normales Wasser ein anderes molares Volumen und einen anderen Schmelzpunkt haben.

Mit dieser Technik konnten die Forscher mehrere thermodynamische Eigenschaften von Wasser quantenmechanisch reproduzieren, darunter die Dichte von Eis und Wasser und die Stabilität unterschiedlicher Eisformen. Und dies laut Dellago für Systeme mit ein paar Tausend Molekülen über ein paar Hundert Nanosekunden - was um Größenordnungen besser sei als derzeit mit rein quantenmechanischen Berechnungen möglich ist.

science.ORF.at/APA

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