Chemiker und Pianist Nuno Maulide

Eigentlich wollte er Konzertpianist werden, hat sich dann aber auf Chemie spezialisiert: Nuno Maulide, in Portugal geboren und Chemiker an der Universität Wien, ist am Montag zum Wissenschaftler des Jahres 2018 gewählt worden.

Mit dieser Auszeichnung würdigt der Klub der Bildungs- und Wissenschaftsjournalisten Forscher, die ihre Arbeit leicht verständlich und spannend vermitteln können - und damit zum guten Image von Forschung und Wissenschaft in der Öffentlichkeit beitragen. Die heuer zum 25. Mal verliehene Auszeichnung wurde Maulide am Montag in Wien übergeben.

Engagement in der Wissenschaftsvermittlung

Klavier spielen hat Nuno Maulide dann doch gelernt – er tut dies heute mit der gleichen Leidenschaft, mit der er sich auch für die Chemie engagiert. Mit nur 33 Jahren wurde an der Universität Wien Professor - und zwar für „Organische Synthese“ an der Fakultät für Chemie.

Maulide sieht Wissenschaftler in der Verantwortung zu erklären, warum sie etwas machen und warum das wichtig für die Gesellschaft sei. „Denn letztendlich werden wir auch von der Öffentlichkeit finanziert und die Leute haben das Recht zu wissen, warum es essenziell für sie ist“, begründete Maulide sein Engagement in der Wissenschaftsvermittlung.

Nuno Maulide im Labor

APA - Hans Punz

Ö1 Sendungshinweis

Nuno Maulide ist Gast im Mittagsjournal, 7.1., 12:00 Uhr. Auch die Dimensionen widmen sich Maulide unter dem Titel Der Klang der Moleküle: 7.1., 19:05 Uhr.

Es sei auch Verantwortung der Wissenschaftler, „Fakten zu vermitteln und einen Beitrag zu einer faktenorientierten Gesellschaft zu leisten“. Kritisch sieht er hier sein Fach, habe doch in den vergangenen Jahrzehnten das Wort Chemikalie einen negativen Beigeschmack bekommen. „Wie kann so etwas sein? Wasser ist eine Chemikalie, der Mensch ist eine reine Chemikalien-Maschine, also wie kann das Wort Chemikalie eine schlechte Bedeutung haben?“

Um dem entgegenzuwirken, werde die Vermittlungstätigkeit von allen Wissenschaftlern „absolut und dringend gebraucht“, betont der Forscher, der auch ausgebildeter Konzertpianist ist und seine musikalischen Auftritte dazu nutzt, auf Ähnlichkeiten und Gemeinsamkeiten von Musik und Chemie hinzuweisen.

Für eine umweltfreundliche Chemie

Maulide wechselte 2013 mit seiner Forschungsgruppe und einem hochdotierten „Starting Grant“ des Europäischen Forschungsrat (ERC) vom Max-Planck-Institut für Kohlenforschung in Mühlheim (Deutschland) als Professor nach Wien. Als Organischer Chemiker bemühe er sich, die chemischen Eigenschaften von organischen, also aus Kohlenstoff aufgebauten Verbindungen zu erforschen, neue Reaktionen zu entdecken und Syntheseverfahren für diese Verbindungen zu entwickeln und zu verbessern, beschreibt der Wissenschaftler sein Arbeitsfeld. Ein großes Thema dabei sei eine nachhaltige, umweltfreundliche Chemie - ein Bereich, für den er 2016 einen „Consolidator Grant“ des ERC erhielt.

Auszeichnung seit 1994

Der Klub der Bildungs- und Wissenschaftsjournalisten vergibt seit 1994 jährlich den Titel des Wissenschaftlers des Jahres. Er zeichnet damit nicht die wissenschaftliche Qualität der Preisträger aus, sondern ihre Fähigkeit, ihre Arbeit einer breiten Öffentlichkeit verständlich vermitteln zu können.

Als seinen größten Forschungserfolg bezeichnet er eine Arbeit aus dem Vorjahr, veröffentlicht im international renommierten Wissenschaftsmagazin „Science“: eine neue Methode für ein Grundgerüst für Krebs-Medikamente, die sogenannten „1,4-Dicarbonyl-Verbindungen“. Sie bestehen aus vier Kohlenstoff-Atomen, von denen die beiden äußersten jeweils ein Sauerstoff-Atom doppelt an sich binden. Nun sucht Maulide nach Kooperationspartnern in Pharmabranche oder Medizin, um das Modell für Krebsmedikamente zu nützen.

Dass er über den chemischen Tellerrand hinausschaut, zeigt sein Engagement am Forschungszentrum für Molekulare Medizin (CeMM) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Dort hat Maulide seit Herbst als „Adjunct Principal Investigator“ ein Standbein und sieht viele Kooperationsmöglichkeiten zwischen Medizin und Chemie.

Nuno Maulide am Klavier

APA - Hans Punz

Immer noch Musiker

Ein Studium als Konzertpianist hat Maulide ebenfalls abgeschlossen und wann immer es möglich ist, sitzt er auch heute noch am Klavier - durchaus erfolgreich, wie seine Teilnahme an Klavier-Wettbewerben für Amateure und öffentliche Konzerte belegen.

Erst kürzlich hat er in einem Zwischengeschoß des Chemie-Instituts, wo eigentlich Geräte gelagert werden, ein altes Piano entdeckt und freut sich nun über die Gelegenheit, auch in Arbeitspausen Klavier spielen zu können. Maulide sieht viele Ähnlichkeiten und Gemeinsamkeiten von Musik und Chemie, auf die er auch bei Vortrags-Konzerten aufmerksam macht, wo er unterhaltsam „musikalische Geschichten über Chemie“ erzählt.

So bezeichnet Maulide seinen fachlichen Schwerpunkt, die organische Synthesechemie, als „sehr künstlerisch“. „Wir kommunizieren anhand von Strukturformeln, das heißt wir malen Striche auf die Abzugsscheiben unserer Arbeitsplätze, wo Sie die Zeichnungen von Tausenden Molekülen sehen - das ist unsere Sprache, so kommunizieren wir und das versteht jeder, egal wo er oder sie herkommt.“ Für ihn ist das „der ästhetische Aspekt“ seines Fach, in dem er auch viel Kreativität sieht: „Wir machen jeden Tag in unserem Labor neue Moleküle, die nie vorher auf der Erde waren - das ist schon spannend.“

science.ORF.at/APA

Wissenschaftler des Jahres der vergangenen Jahre: