Transparenzstudie zu Drittmitteln gescheitert

Drittmittel, also Geld von Unternehmen, Förderorganisationen und Stiftungen, sind von den heimischen Hochschulen nicht mehr wegzudenken. Die Anti-Korruptions-NGO Transparency International wollte erheben, wie Unis und FHs damit umgehen. Wegen geringer Rückmeldung ist die Studie allerdings gescheitert.

70 Hochschulen gibt es derzeit in Österreich, darunter öffentliche und private Universitäten, Fachhochschulen und pädagogische Hochschulen. Die aktuellste Zahl zu eingeworbenen Drittmitteln betrifft das Jahr 2017, damals sind laut Wissenschaftsministerium 673,19 Millionen Euro an die staatlichen Universitäten geflossen, um 66 Prozent mehr als noch 2007 (Quelle: Statistisches Taschenbuch 2018). Die Bedeutung von Drittmitteln variiert von Uni zu Uni. Den größten Anteil am gesamten Budget nehmen sie an der Montanuni Leoben ein, auch an den Technischen Universitäten in Wien und Graz sowie an der Universität für Bodenkultur bildeten Drittmittel einen beachtlichen Teil des jährlich verfügbaren Geldes.

15 von 70 haben teilgenommen

Transparency Österreich wollte in einer Studie erheben, wie viel die Universitäten aus welchen Quellen einwerben, wie sie mit Interessenkonflikten und möglichen Unvereinbarkeiten umgehen. Aus den Ergebnissen sollte letztlich eine Datenbank entstehen - daraus wurde aber nichts, weder aus der Studie, noch aus der Datenbank. Denn nur 15 Hochschulen haben einen Fragebogen ausgefüllt. Markus Scholz, Professor für Unternehmensethik an der Fachhochschule Wien und bei Transparency zuständig für den Bereich Hochschulfinanzierung, bezeichnet das als „erstaunlich“.

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Über das Thema berichten auch die Journale am 17.1.2019, 7 Uhr.

Auch wenn die Antworten deshalb nicht repräsentativ für die österreichischen Hochschulen sind, lassen sich einige Trends ablesen - etwa, dass Gesetze genau eingehalten werden. Wo gesetzliche Vorgaben fehlen, werden die Hochschulen aber kaum aktiv: „Es gibt kaum externe Kommissionen, die Herkunft und Verwendung von Drittmitteln überprüfen. Es gibt kaum Unvereinbarkeitsprüfungen, es gibt kaum Kommissionen, die Interessenkonflikte abschätzen“, so Markus Scholz.

Gibt ein Unternehmen oder eine Privatperson Geld an eine Hochschule, sei das grundsätzlich positiv. Es können spannende, lebensnahe Projekte entstehen, Themen erforscht werden, für die es in öffentlichen Töpfen kein Geld gibt. In der Regel seien mit dem Geld aber Interessen verbunden: „Die Interessen sind überhaupt nichts Negatives, jeder hat Interessen. Die Frage ist nur, ob die Interessen der Wissenschaft - Transparenz, Objektivität im weiten Sinne - mit den Interessen der Drittmittelgeber übereinstimmen.“ Etwa wenn es um die Veröffentlichung der Ergebnisse einer Forschungsarbeit geht.

Transparenz wozu?

Hochschulen sind auf Drittmittel angewiesen, sogar gesetzlich verpflichtet, sie einzuwerben. Die Verwendung dieser dringend benötigten Mittel selbst zu kontrollieren, da sieht Markus Scholz einen möglichen Interessenkonflikt. Nach der gescheiterten Studie möchte Transparency nun mit der Verwaltung zusammenarbeiten: „Die Compliance- und Personalmanager der österreichischen Hochschulen haben starkes Interesse. Sie sehen die Relevanz des Themas, nur politisch scheint das noch nicht angekommen zu sein.“

Die Aufschrift Hörsaal / Lecture Hall, ohne Firmenlogo.

APA/dpa/Friso Gentsch

Neben der Aufschrift „hörsaal“ prangt immer häufiger ein Firmenlogo. An der WU Wien kann man etwa im „Raiffeisen Sprachlernzentrum“ oder im „Red Bull Hörsaal“ lernen.

Dass die Universitätenkonferenz (Uniko) sich entschlossen hat, nicht an der Transparency-Studie teilzunehmen - diese Haltung der Rektorinnen und Rektoren bedauert Markus Scholz. Uniko-Präsidentin Eva Blimlinger sagt dazu: „Man hat überhaupt nichts gegen eine Studie über Transparenz, die Frage ist nur, wer führt sie durch und in welchem Auftrag. Wenn, dann sollte der Auftrag aus unserer Sicht aus einem öffentlichen Bereich stammen.“

Die Universitäten würden Drittmittel von Unternehmen ständig hinterfragen: „Bei allen Kooperationen prüfen wir sehr genau, welche Interessenkonflikte es geben könnte und ob wir sie überhaupt eingehen.“ Eva Blimlinger verweist auf die Wissensbilanzen der Universitäten, sie sind so etwas wie die Jahresberichte. Ein genauerer Blick zeigt aber am Beispiel der Technischen Universität Wien: Für das Jahr 2017 werden für die Auftragsforschung 20,5 Millionen Euro von Unternehmen ausgewiesen, von welchen Unternehmen zu welchem Zweck das Geld geflossen ist, dazu gibt es aber keine Aufschlüsselung. „Verbessern kann man immer alles, das räume ich gerne ein. Aber die Frage ist, mit welchem Ziel eine Verbesserung sinnvoll wäre“, sagt dazu die Uniko-Präsidentin.

Uni Zürich legt „Interessenbindungen“ offen

Eine ähnliche Diskussion gab es vor wenigen Jahren auch an der Universität Zürich. Eine Großspende der Schweizer Bank UBS hat dort zu Diskussionen über privates Geld an öffentlichen Hochschulen, aber auch über Zusatzfunktionen von Uni-Angestellten geführt. Aufsichtsratsposten bei Unternehmen, politische Mandate, Vorstand einer Stiftung - „Interessenbindungen“ nennt man das in der Schweiz. „Wir sind mit der Wirtschaft, mit der Gesellschaft verbunden. Wir sind stolz darauf, dass wir in keinem Elfenbeinturm leben. Aber eben es muss sichtbar sein, damit man weiß, was passiert“, sagt Markus Hengartner, Rektor der Universität Zürich.

Deshalb gibt es auf der Website der Universität Zürich ein Register mit den Namen aller derzeit 705 Professorinnen und Professoren. Jeden Namen kann man anklicken und sehen, welche Zusatzfunktionen eine Person hat. „Ich denke, auch die Studierenden wollen das wissen. Wenn ich zum Beispiel eine führende Position bei Nestlé hätte und über Lebensmittel rede, dann habe ich vielleicht einen Bias.“

Rund die Hälfte der Professorenschaft an der Universität Zürich hat zusätzliche Funktionen in Wirtschaft, Politik oder Gesellschaft, die Bandbreite reicht von einer oder zwei bis hin zu 21 Interessenbindungen, die Michael Hengartner teilweise auch durch sein Amt als Rektor innehat. Aus seiner Sicht hat sich der Schritt hin zu mehr Transparenz bewährt, er sei auch ein Beitrag zur Glaubwürdigkeit von Wissenschaft.

Elke Ziegler, Ö1-Wissenschaft

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