Macht ist noch immer männlich

Angela Merkel und Theresa May zum Trotz: Frauen in politischen Führungspositionen sind in Europa nach wie vor in der Minderzahl. Solch einen „Gender-Bias“ finden Forscher auch in Österreich.

Tania Verge und Javier Astudillo von der Universität Pompeu Fabra (UPF) in Barcelona haben im Rahmen ihrer Studie Datenbanken über Spitzenkandidaten und Parteichefs aus Österreich, Deutschland, Spanien und dem Vereinigten Königreich analysiert.

Das Augenmerk lag auf der erstmaligen Wahl und etwaigen Wiederwahlen von Kandidaten und -innen, berücksichtigt wurden konservative und sozialdemokratische Parteien, die möglichst überall in den Regionalparlamenten vertreten sind. In Österreich waren das die SPÖ und die ÖVP. Unter den insgesamt 336 Regional-Kandidaten, die die Forscher identifizierten, waren nur 49 Frauen.

„Leaky-Pipeline“

Die viel beschriebene „Leaky-Pipeline“, also die sukzessive Abnahme des Frauenanteils in höheren Positionen, findet sich auch hier: Während in Österreichs Landtagen der Anteil weiblicher Abgeordneter und jener der Landesrätinnen im Untersuchungszeitraum um die 27 Prozent betrug, lag dieser bei den Parteivorsitzenden bei nur noch zwölf Prozent.

Von den Spitzenkandidaten bei Landtagswahlen und Landeshauptleuten waren jeweils rund elf Prozent Frauen. In den Regionalparlamenten Deutschlands und Spaniens verzeichnete man im Untersuchungszeitraum mit etwas über 30 und fast 34 Prozent einen leicht höheren Frauenanteil.

„Opferlamm“-Kandidaturen

Dabei zeigte sich, dass der große Männer-Anteil nicht auf deren größere Erfahrung zurückzuführen war. Die Chancen für Frauen auf eine Spitzenkandidatur waren außerdem dann höher, wenn die Partei grundsätzlich eher geringe Siegchancen bei der Wahl hatte. Möglicherweise würden eher Frauen als „Opferlämmer“ in nicht sehr erfolgsversprechende Rennen geschickt, erklärt Astudillo. Darüber hinaus sei denkbar, dass sich aussichtsreichere Kandidaten in einer solchen Situation eher nicht um eine Spitzenkandidatur bemühen, und das seien in der Regel Männer, so der Politikwissenschafter.

Um sich als Frau wiederum an der Spitze von Parteien zu etablieren, mussten diese ihre Kontrahenten klar distanzieren und sich sozusagen als „unumstrittene Leader“ präsentieren. Verluste bei Wahlen wurden Frauen an der Spitze umgekehrt öfters zum Verhängnis als ihren männlichen Kollegen.

Wiederwahl für Frauen schwieriger

Amtierende Landeshauptfrauen bzw. deren Pendants in den Regionen anderer Länder (ähnliches gilt für Parteichefinnen) scheitern laut Analyse bei einer angestrebten Wiederwahl eher, als wenn ein Mann eine zusätzliche Amtszeit anstrebt. Unterschiede zeigen sich auch bei der Kinderzahl: Immerhin ein Viertel der Frauen, die zum erstem Mal kandidierten, waren kinderlos, unter den wiedergewählten Frauen traf das auf fast 37 Prozent zu. Zum Vergleich: Nur sieben Prozent der männlichen Kandidaten hatten keine Kinder.

Die ideologische Ausrichtung von Parteien oder die Methode der Abstimmung hatte hingegen keinen Einfluss auf den Erfolg von Frauen. Wenig überraschend der Befund, dass die Wahrscheinlichkeit, eine Frau zur Spitzenkandidatin zu machen, ansteigt, wenn auch mehr Frauen die Organisationsstrukturen und regionalen Parlamentsklubs von Parteien prägen.

science.ORF.at/APA

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