Frauengehirn ist drei Jahre jünger

Mit dem Alter verändert sich das Gehirn, auch sein Stoffwechsel. Bei Frauen anscheinend langsamer als bei Männern. Ein Vergleich zeigt: Um ganze drei Jahre ist das weibliche Gehirn in dieser Hinsicht jünger.

Kein Organ verbraucht so viel Energie wie das Gehirn; rund 140 Gramm Glukose pro Tag. Das sind ungefähr 14 Esslöffel Zucker. Aber wie der Treibstoff verarbeitet wird, ändert sich mit dem Alter. Bei Babys und Kindern fließt ein wesentlicher Teil in die Entwicklung des Denkorgans. Der Rest der Energie geht für die Instandhaltung auf - für das alltägliche Handeln und Denken. Im Lauf des Lebens verändert sich aber das Verhältnis. Noch bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen wird ein erheblicher Teil für Reifeprozesse verbrannt, bei über 60-Jährigen nur mehr ein kleiner Rest.

Wie schnell der Stoffwechsel des Gehirns altert, dürfte auch mit dem Geschlecht zu tun haben. Das legt die soeben erschienene Studie der Forscher um Manu S. Goyal von der Washington University School of Medicine nahe. Dafür haben sie 205 Männer und Frauen im Alter von 20 bis 82 Jahren in den Tomographen geschoben. Auf den PET-Aufnahmen (Positronen-Emissions-Tomographie) ließ sich unter anderem ablesen, wie viel Zucker und Sauerstoff das jeweilige Gehirn verbraucht. Daraus kann man ableiten, wie die Energie verwendet wird bzw. welche Stoffwechselprozesse aktiver sind, was wiederum Rückschlüsse auf das Alter ermöglicht.

Berechnete Altersunterschiede

Mit Hilfe eines maschinellen Lernalgorithmus errechneten die Forscher die Korrelation zwischen Stoffwechsel und Alter der männlichen Gehirne. Dann berechnete das Programm das Alter jedes einzelnen weiblichen Gehirns. Gemessen am Alter der männlichen Denkorgane waren die Frauengehirne im Schnitt um 3,8 Jahren jünger als ihre Trägerinnen eigentlich waren. Danach drehten die Forscher die komplette Berechnung um. Demnach waren die Männergehirne durchschnittlich um 2,4 Jahre älter als ihre Träger.

Die relative Jugend des weiblichen Hirnstoffwechsels zog sich durch alle Altersgruppen und fand sich bereits bei den 20-jährigen Studienteilnehmerinnen. „Die Männergehirne altern nicht schneller, sie beginnen das Erwachsenenleben mit einem drei Jahre älteren Gehirn (hinsichtlich des Stoffwechsels, Anm.) als ihre weiblichen Altersgenossinnen; dieser Unterschied bleibt offenbar bis zum Lebensende erhalten“, erklärt Goyal in einer Aussendung. Geschlechtshormone könnten für diesen „Startvorteil“ verantwortlich sein. Aus Versuchen mit Ratten weiß man beispielsweise, dass Östrogen die Bildung von Nervenverbindungen fördert.

Was der Unterschied bedeutet, lasse sich laut Goyal anhand der Daten nicht beurteilen. Aber es könnte erklären, warum ältere Frauen bei Gedächtnis- und Denkaufgaben oft besser abschneiden als gleichaltrige Männer. Das überprüfen die Forscher derzeit in einer Langzeitstudie.

Eva Obermüller, science.ORF.at

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