Medikamente: Brexit könnte Zulassung verzögern

In einigen Wochen soll Großbritannien aus der EU austreten. Genau dort werden aber viele Arzneien und Geräte für die gesamte EU zugelassen. Fallen die britischen Zertifizierungsstellen weg, könnte das punktuell zu Engpässen führen, befürchten Experten.

Bisher gilt die Regel: Darf ein Medikament in Großbritannien an Patienten abgegeben werden, ist das auch im Rest der EU zulässig. Das wird sich mit dem Brexit ändern, dann braucht eine Arznei eine Zulassung im Vereinigten Königreich und in der EU. „Großbritannien hat einen sehr großen Teil der Arbeit im europäischen Netzwerk übernommen, zwischen 16 und 20 Prozent“, sagt Christa Wirthumer-Hoche, Leiterin der Medizinmarktaufsicht in Österreich. Diese Arbeit müsse von den anderen Behörden übernommen werden, weshalb aktuell zusätzliches Personal aufgenommen werde.

Problem bei Medizinprodukten

Karl Broich, Präsident des deutschen Bundesinstituts für Arzneimittel und Leiter mehrerer Arbeitsgruppen bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA), sieht vor allem bei den Medizinprodukten ein Problem - darunter versteht man Geräte, die für die medizinische Versorgung wichtig sind, etwa Herzschrittmacher, Blutpumpen und chirurgische Instrumente. Ein Viertel der Medizinprodukte in der EU ist mit einer CE-Kennzeichnung aus Großbritannien ausgestattet. „Wenn der große britische Anteil bei der Zertifizierung von diesen Geräten wegfällt, könnte es zu Engpässen kommen. Da müssen wir zusammenarbeiten, wie wir schnell neue Stellen bekommen, die die entsprechenden Medizinprodukte zertifizieren können“, so Broich.

Ö1 Sendungshinweis:

Über das Thema berichtet auch das Mittagsjournal am 6.2.2019.

Auch die pharmazeutische Industrie ringt mit dem Brexit. Wenn Unternehmen keinen Sitz in der EU haben, müssen sie ab Ende März eine Zulassung ihrer Medikamente für die restlichen 27 Mitgliedsstaaten neu beantragen. Die österreichische Medizinmarktaufsicht schätzt die Zahl jener Firmen, die noch keine Zweigniederlassung in einem EU-Staat gegründet haben, auf 50. Der Europäische Verband der pharmazeutischen Industrie erhebt derzeit die genaue Zahl, wie viele Unternehmen noch keine Zweigniederlassung in der EU gegründet haben.

Langsamere Zertifizierung, eingeschränkter Marktzugang - Christa Wirthumer-Hoche gibt sich auf die Frage, ob das auch Patienten und Patientinnen in Österreich betreffen könnte, vorsichtig: „Ich kann nicht sagen, dass es hundertprozentig keine Versorgungsengpässe geben wird. Das kommt auf den Patienten an, welches Medikament nötig ist, ob er das spüren wird.“ Der Brexit ist also auch bei Arzneimitteln ein Vorhaben mit zumindest teilweise unklarem Ausgang.

Elke Ziegler, Ö1-Wissenschaft

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