Impfung gegen entzündete Mandeln möglich

Eine Impfung könnte in Zukunft Antibiotika und Operationen als Mittel gegen entzündete Mandeln ersetzen. Dies gilt für Menschen mit einer bestimmten genetischen Veranlagung für die Krankheit, wie US-Forscher in einer neuen Studie berichten.

Die meisten kennen es: Das Schlucken tut weh, die Mandeln liegen im Rachen wie Golfbälle, man fühlt sich schlapp und abgeschlagen – Mandelentzündungen sind einer der häufigsten Gründe, warum Menschen zum Arzt gehen und Antibiotika verschrieben bekommen. Denn damit kann man die Krankheit heute meist gut behandeln. Wohl darum wirkt eine Mandelentzündung nicht mehr besonders gefährlich.

Tausende Operationen im Jahr

Eine ernstzunehmende Erkrankung ist sie trotzdem, meint Wolfgang Luxenberger, Vizepräsident der Österreichischen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, denn die Komplikationen konnten früher von Nieren- bis zu Herzentzündungen reichen. Das sei heute aber selten geworden. Trotzdem können sich Betroffene wiederholter Mandelentzündungen auch heute trotz besserer Behandlungsmethoden geschwächt fühlen. Der letzte Ausweg ist dann die operative Entfernung der Mandeln, die Tonsillektomie.

Ö1-Sendungshinweis

Über das Thema berichteten auch die Ö1-Journale, 9.2., 7:00 Uhr.

In Österreich werden jedes Jahr tausenden Menschen die Mandeln entfernt, weil sie wiederholt entzündet sind. Die Einstellung der Medizin dazu hat sich in den letzten Jahren allerdings gewandelt, erzählt Luxenberger. Während man noch vor einigen Jahrzehnten sogar vorbeugend die Mandeln entfernt habe, gehe man heute deutlich vorsichtiger an die Entfernung eines Organs heran. So können die Nachblutungen bei Operationen lebensgefährliche Probleme verursachen.

Immunsystem reagiert nicht richtig

Insofern ist die neue Studie aus den USA von einem Team rund um Jennifer M. Dan von der University of California willkommen: Sie macht mit etwas Zukunftsmusik Hoffnung auf eine Alternative zu Antibiotika oder einer Operation bei Mandelentzündungen. Sie zeigt, dass manche Menschen eine genetische Veranlagung haben, die dazu führt, dass ihr Immunsystem nicht richtig auf einen, vom bei Mandelentzündungen häufigen Krankheitserreger Streptococcus pyogenes, abgegebenen Stoff reagiert.

Bei den untersuchten Kindern bildete das Immunsystem dann nicht ausreichend Antikörper. Genetische Analysen zeigten dann, welche Allele (Genvarianten) ein Risiko- oder Schutzfaktor bei Mandelentzündungen zu sein scheinen. Zusammengenommen seien die Ergebnisse ein möglicher Ansatzpunkt für eine nichtoperative Behandlung, so die Studienautoren.

In Zukunft mögliche Impfung?

Und auch Wolfgang Luxenberger sagt, dass diese Ergebnisse interessant scheinen, obwohl diese neuen Daten keine unmittelbare Konsequenzen für die Arbeit von HNO-Ärzten heute haben: “Aber es ist sicher etwas, das verfolgt werden kann. Vor allem interessant wäre, wenn es irgendwann gelänge, die Immunantwort auf diese Keime zu verändern, sodass eben eine dauerhafte Heilung möglich ist.“

Die Autoren der Studie denken dabei an eine mögliche Impfung. Gerade in Entwicklungsländern, wo die medizinische Versorgung und allgemeine Gesundheit nicht ganz auf dem Niveau westlicher Länder ist, kann eine Mandelentzündung oft noch wesentlich schwerer verlaufen. Aber überall auf der Welt würde es einen Unterschied machen, laut der Studie gibt es pro Jahr weltweit deutlich mehr als eine halbe Milliarde Fälle von schweren Rachen- oder Mandelentzündungen.

Isabella Ferenci, Ö1-Wissenschaft