Neue Elemente: Zwischen Sinn und Sinnlosigkeit

Im Jahr 1869 wurde das Ordnungssystem der chemischen Elemente vorgestellt. Komplett ist das Periodensystem allerdings auch heute noch nicht - und wird es vermutlich auch niemals sein, meint ein Chemiker von der Uni Wien.

Oganesson heißt das letzte Element, das das Periodensystem mit der Ordnungszahl 118 abschließt. Hinzugefügt wurde es erst im Jahr 2016 - gemeinsam mit drei weiteren Elementen: Nihonium, Moscovium und Tenness. Auch sie reihen sich hinten ins Periodensystem ein und haben damit eines gemeinsam: Sie kommen in der Natur so nicht vor, erklärt Klaus Richter vom Institut für Anorganische Chemie der Universität Wien. „Diese Elemente werden nicht entdeckt in dem Sinne, dass sie irgendwo natürlich vorkommen. Sie werden vielmehr unter sehr schwierigen Umständen synthetisiert.“

Periodensystem der Elemente

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Genauer entstehen diese Elemente, wenn man Atome gezielt aufeinanderprallen lässt. Dabei kann es passieren, dass zwei Atomkerne zu einem schwereren Element verschmelzen - jedenfalls für einen kurzen Moment. „Das heißt, man stellt sie her und spätestens eine Sekunde danach sind sie schon wieder weg. Der Zerfall dieser Elemente ist das Kriterium, nach dem man sie überhaupt entdecken kann. Was man eigentlich entdeckt, ist eine spezielle Serie von radioaktiven Ereignissen.“

Drei Metalle und ein Edelgas

Mehr als dass sie existieren, weiß man dadurch aber nicht. Welche Eigenschaften die Elemente haben, ob sie fest sind, ab welcher Temperatur sie schmelzen würden oder welche elektrische Leitfähigkeit sie hätten, kann man höchstens berechnen. Demnach geht man zumindest davon aus, dass Nihonium, Moscovium und Tenness Metalle sind und Oganesson ein Edelgas. Damit vervollständigen sie die siebte Periode im Ordnungssystem. Experimentell nachweisen wird man das nie können, so Richter.

150 Jahre Periodensystem

Datiert mit 17. Oktober 1869 hat Viktor von Richter in den Berichten der Deutschen Chemischen Gesellschaft 2 (1869) 552 seinen „Bericht aus St. Peterburg vom 17. Oktober 1869“ abdrucken lassen. Darin berichtet er von einer Sitzung der Russischen Chemischen Gesellschaft vom 2. Oktober (14. Oktober nach unserer Rechnung) 1869, in der der russische Chemiker Dmitri Mendelejew seine Ansichten „Ueber die Beziehungen der Eigenschaften zu den Atomgewichten der Elemente“ vorgetragen hat.

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„Wenn wir sagen, etwas ist ein Metall, dann können wir diese Aussage nicht mit einem Einzelatom treffen, weil ein einzelnes Atom viele Eigenschaften gar nicht hat, die wir von der Materie kennen.“ Ein Metall muss mindestens aus Tausenden oder Millionen Atomen bestehen, so Richter, bevor man von überhaupt metallischen Eigenschaften sprechen kann. „Wir werden nie genug Atome zur gleichen Zeit am gleichen Ort haben, um zu beweisen, dass es Metalle sind.“ Richter geht aber davon aus, dass die quantenchemischen Rechnungen gut genug sind, um die Eigenschaften der Elemente richtig einzuordnen.

Elemente für Wissenschaft wichtig

Chemisch nützlich sind die letzten Elemente des Periodensystems nicht. Generell scheinen sie praktisch keine Rolle zu spielen, weder auf der Erde noch im Universum, so Richter. Warum man dann überhaupt nach ihnen sucht? Aus wissenschaftlicher Sicht ist das durchaus sinnvoll. So dienen die neuen Entdeckungen vor allem dazu, Theorien über das Ordnungssystem der Elemente zu überprüfen, erklärt der Chemiker. Bis jetzt scheinen sich die vier Neuen jedenfalls nahtlos einzufügen.

Dass damit das Periodensystem komplett ist, glaubt Richter nicht. „Das Periodensystem ist grundsätzlich nicht begrenzt. Die Frage ist halt nur, ob diese Elemente dann überhaupt noch so stabil sind, dass man sie noch durch diese Kernfusionsprozesse herstellen kann. Ich persönlich glaube, dass nicht sehr viele dazu kommen werden.“ Es sei denn, es würde sich weiter hinten im Ordnungssystem tatsächlich noch eine Elementegruppe befinden, die stabiler ist - davon gehen zumindest manche Modelle aus.

Wird ein neues Element gefunden, ist es übrigens Sache eines Expertengremiums aus Chemikern und Physikern, darüber zu entscheiden, ob die Beweise für das Element ausreichen. Und ob es damit in das Periodensystem aufgenommen wird.

Ruth Hutsteiner, Ö1-Wissenschaft

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