Weniger Abwärme, mehr Strom
Bereits Anfang des 19. Jahrhunderts entdeckte der deutsche Physiker Thomas Johann Seebeck, dass Temperaturunterschiede entlang elektrisch leitfähiger Materialien elektrische Spannungen verursachen.
Studie
„Kondo-like phonon scattering in thermoelectric clathrates Fachjournal", Nature Communications, 21.2.2019
Der nach ihm benannte Effekt wird heute hauptsächlich zur Messung von Temperaturen ausgenutzt. Er kann aber auch eingesetzt werden, um aus den Temperaturdifferenzen, die etwa durch die Abwärme von Maschinen entstehen, Strom zu gewinnen.
Stromgewinnung braucht spezielles Material
Verbindet man zum Beispiel die heiße Außenwand eines Auspuffs über ein geeignetes Material mit der kühleren Umgebung, lässt sich ein Teil der ansonsten verlorenen Wärme wieder zurückgewinnen. Damit dieser Prozess effizient funktioniert, muss das eingesetzte Material einerseits eine hohe elektrische Leitfähigkeit aufweisen. Andererseits sollte es die heißen und kalten Bereiche thermisch möglichst gut voneinander isolieren, da sich sonst die Temperaturen einander angleichen und den Effekt zunichtemachen würden.
TU Wien
Als besonders vielversprechend erwiesen sich dafür Materialien mit einer speziellen Kristallstruktur aus winzigen molekularen Käfigen, in denen einzelne Atome eingesperrt sind. Ein solches Atom kann in seinem Käfig zwar hin und her schwingen, ist aber nicht fest in das Kristallgitter eingebaut. Der Forschergruppe um Silke Bühler-Paschen vom Institut für Festkörperphysik der Technischen Universität (TU) Wien ist nun die Erklärung gelungen, warum diese Materialien - ein Beispiel dafür sind sogenannte „Clathrate“ - die Wärme so schlecht leiten.
Gezieltere Suche nach Werkstoffen
In einem Festkörper breitet sich Wärme in Form von Gitterschwingungen aus, die sich als Wellen, sogenannten Phononen, durch das Material bewegen. Trifft eine solche Welle auf ein loses Atom in einem Käfig, gibt sie einen Teil ihrer Energie daran ab. „Das Atom nimmt der Welle gewissermaßen ihren Schwung“, erklärt Bühler-Paschen. „Das verringert die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Phononen und führt zu der erstaunlich niedrigen Wärmeleitfähigkeit.“
TU Wien
Um dem Effekt auf die Schliche zu kommen, führten die Forscher zahlreiche Experimente mit unterschiedlichen Materialien durch und entwickelten Computersimulationen, um die quantenmechanischen Prozesse zu modellieren. Mit dem neuen Konzept („Kondo-artige Phononenstreuung“) ist es Bühler-Paschen zufolge nun möglich, das Verhalten dieser Materialien besser zu verstehen, um gezielter nach noch effizienteren Werkstoffen für thermoelektrische Anwendungen suchen zu können.
science.ORF.at/APA