Haus der Geschichte braucht mehr Platz

43.400 Menschen haben das Haus der Geschichte seit der Eröffnung am 10. November 2018 besucht. 24 Prozent sind internationale Besucher, zwölf Prozent Jugendliche. Das sind die „sehr tollen Zahlen“, die Direktorin Monika Sommer heute präsentierte.

Bei den internationalen Gästen führen Gäste aus Deutschland, gefolgt von jenen aus Großbritannien, Russland und den USA. Die meisten jungen Besucher (4.000 von 5.200) kamen im Klassenverband ins Haus. Bisher wurden rund 300 Führungen und Workshops abgehalten. Die Workshops sind gar bis Ende Mai ausgebucht. „Man sieht: Es gibt den Bedarf“, sagt Sommer. „Das Haus der Geschichte (hdgö) stößt in eine Lücke der Museums- und Bildungslandschaft vor.“

Die behördliche Beschränkung auf 240 gleichzeitige Besucher wurde laut Sommer neben dem Eröffnungs-Wochenende bisher nur am Internationalen Holocaust-Gedenktag am 27. Jänner, als das Haus ebenfalls bei freiem Eintritt zu besuchen war, schlagend. „Endlich was zum Nachdenken!“ oder: „Ich wollte für eine Stunde kommen - geworden sind es fünf.“ - solche Eintragungen ins Besucherbuch freuen die Direktorin besonders. Es gibt aber auch Kritik: „Leider zu wenig Platz!“ -„Kommentare in dieser Richtung finden sich mehrere“, meint Sommer.

Ort für Diskussionen

Die für 2019 geplanten Themenschwerpunkte „Frauen und Frauenrechte“ (anlässlich 100 Jahre Frauenwahlrecht), „Europa und seine Grenzen“ (rund um den Jahrestag der österreichischen EU-Abstimmung am 12. Juni) sowie „Grund- und Menschenrechte“ schlagen sich weniger in der bis 17. Mai 2020 laufenden Dauerausstellung „Aufbruch ins Ungewisse - Österreich seit 1918“ als im Workshop- und Führungsprogramm nieder. „Wir wollen Geschichte präsentieren aus den brennenden Fragen der Gegenwart - dafür ist das Haus der Geschichte da: als Diskussionsforum.“

Gewechselt wird dagegen das Ausstellungsangebot am Alma Rosé-Plateau vor dem Altan, dem „Hitler-Balkon“, auf dem weiterhin einer der Sender für die Klanginstallation „The Voices“ von Susan Philipsz steht, die verlängert wurde und weiterhin zweimal täglich, um 12.30 und 18.30 Uhr, zu hören ist. Die Ausstellung „Nur die Geigen sind geblieben“ über Alma und Arnold Rosé ist hier noch bis 12. Mai zu sehen. Danach folgt eine Kooperation mit der „into the city“-Schiene der Wiener Festwochen: Eine Station der dreiteiligen Ausstellung „Das Wissen der Kindheit“ ist die multimediale Installation „Stricken“ von Magda Korsinsky, in der Interviews mit afrodeutschen Frauen über ihre weißen Großmütter zu hören sind.

Sonderausstellungen

Von 13. Juni bis 3. November gastiert dann die Ausstellung „Vernichtungsort Malyi Trostenez. Geschichte und Erinnerung“ über den NS-Vernichtungsort nahe Minsk, zu dem neun Deportationszüge aus Wien fuhren und wo 13.000 Menschen aus dem heutigen Österreich umgebracht wurden.

Von 8. November 2019 bis Februar 2020 werden unter dem Titel „Verschüttet. Malzgasse 16 - einzigartige Funde jüdisch-österreichischer Geschichte“ gezeigt. Vor 1938 befanden sich hier eine Synagoge, eine Talmud-Thora-Schule und das weltweit erste jüdische Museum. In der seit 1955 hier wieder betriebenen Schule wurden 2018 zuvor unbekannte, mit 80 Tonnen Schutt aufgefüllte Kellerräume entdeckt. Was sich darin befand, nannte Sommer „einen absolut einzigartigen Fund“: Objekte mit Brandspuren der Pogromnacht, Tintenfässer der einstigen Schule, Objekte aus dem ehemaligen jüdischen Museum.

„Es bleibt spannend“

„Wir arbeiten mit voller Kraft an der Weiterentwicklung des Haus der Geschichte“, versichert Sommer, deren mit der Österreichischen Nationalbibliothek abgeschlossener Vertrag eigentlich noch drei weitere Jahre läuft. Kulturminister Gernot Blümel (ÖVP) und Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka haben bekanntlich sowohl eine mögliche Namensänderung („Haus der Republik“) als auch eine Strukturänderung (Anbindung ans Parlament) angeregt. Die fünfköpfige Evaluierungs-Kommission „ist im Moment am Arbeiten“. Bis Sommerbeginn soll eine Empfehlung für die politischen Verantwortlichen ausgearbeitet werden. „Es bleibt also sehr spannend.“

Nach ihren persönlichen Präferenzen für die Zukunft des hdgö befragt, ließ Sommer eine deutliche Präferenz für einen eigenständigen Bau („wäre von wichtiger Symbolkraft“) und für den Heldenplatz („auf jeden Fall ein guter Ort“) erkennen, wo sich die Republik mit den beiden temporären Parlaments-Pavillons bereits „symbolkräftig in den Ort eingeschrieben“ habe. Für einen möglichen Einzug in eben jene Pavillons kann sich Sommer allerdings nicht so recht erwärmen: „Denkbar ist vieles. Ich weiß aber nicht, ob das sehr groß und visionär gedacht wäre, ob es ein gutes Symbol wäre, das Haus der Geschichte in eine temporäre Architektur einziehen zu lassen.“ Eines weiß die Direktorin aber sicher: Das hdgö braucht mehr Platz. Am Besten rund dreimal so viel wie jetzt (750 Quadratmeter Dauer- und 300 Quadratmeter Wechselausstellungsfläche). „3.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche wären international gesehen das, mit dem man Österreich auch gerecht würde.“

science.ORF.at/APA

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