Mikroplastik erreicht die Tiefsee

Plastikmüll, elf Kilometer unterhalb des Meeresspiegels: Britische Forscher haben erstmals Mikroplastik in Kleinstkrebsen der Tiefsee nachgewiesen. 72 Prozent der untersuchten Tiere waren kontaminiert.

Die Krebse leben in den am tiefsten gelegenen Ökosystemen der Erde, etwa im Marianengraben östlich der Philippinen. Von dem Ergebnis ihrer Studie zeigten sich die Forscher selbst überrascht: Eine so hohe Umweltbelastung selbst in 10.890 Metern Tiefe „hatte ich nicht erwartet - das ist enorm“, sagt der Meeresbiologe Alan Jamieson von der Universität Newcastle.

Die Tiefsee galt lange als die letzte vom Menschen unberührte Zone. Mikroplastik wurde bisher in Organismen in 2.200 Metern Tiefe im Nordatlantik sowie in Sedimenten des Kurilengrabens in rund 7.000 Metern Tiefe gefunden. Nun weisen die britischen Forscher weisen im Fachmagazin „Royal Society Open Science“ nach: Der Plastikmüll macht auch vor den entlegensten Regionen des Planeten nicht Halt.

„Es ist überall“

Jamieson und seine Kollegen beschäftigen sich normalerweise nicht mit Plastikmüll, sondern mit der Erforschung der Tiefsee, ihnen ist die Entdeckung einer Reihe von Tiefsee-Lebewesen zu verdanken. Inzwischen verfügen sie über eine ganze Sammlung an Krebstieren - wie etwa Flohkrebse - aus den Jahren 2008 bis 2017. Sie kamen auf die Idee, diese Sammlung zu nutzen, um einer der drängendsten Fragen unserer Zeit nachzugehen.

Tauchroboter in der Tiefsee

APA/AFP/NEKTON/HO

Das Ergebnis ihrer Untersuchung sei, „dass man Mikroplastik in allen Tieren im ganzen Pazifik und in außerordentlicher Tiefe findet. Es ist überall“, sagt Jamieson. Die untersuchten Gräben seien teilweise tausende Kilometer voneinander entfernt.

Folgen unklar

Welche Auswirkungen diese Mikroteilchen auf die Tiefseekrebse haben, können die Forscher noch nicht sagen. Jamieson vermutet, dass neben einer Kontamination mit chemischen Schadstoffen auch die Gefahr besteht, dass der Verdauungstrakt der Tiere blockiert wird: „Das wäre, als würden Sie einen zwei Meter langen Strick aus Polypropylen verschlucken und hoffen, dass dies ihrer Gesundheit nicht schadet“.

Schon jetzt gibt es kaum Hoffnung, dass sich der ganze Plastikmüll aus den Ozeanen wieder entfernen lässt. Das gelte erst recht für die tiefsten Bereiche der Meere, sagt Jamieson: „Wir häufen unseren Müll an einem Ort an, den wir am wenigsten kennen.“

science.ORF.at/AFP

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