Am Wochenende nicht aufholbar

Fünf Tage lang zu wenig schlafen, dafür Samstag und Sonntag ausschlafen: Das ist laut einer neuen Studie keine gute Strategie. Chronischer Schlafmangel stört den Stoffwechsel, erhöht das Risiko von Krankheiten - und kann am Wochenende nicht ausgeglichen werden.

„Schlaf am Wochenende nachzuhholen scheint keine wirksame Gegenmaßnahme zu sein, um Störungen des Stoffwechsels auszugleichen, die durch Schlafmangel verursacht werden“, fasst Studienleiter Kenneth Wright von der University of Colorado in Boulder die Ergebnisse zusammen.

Mit Kollegen hat Wright die Frage empirisch untersucht. Dazu baten er und sein Team 36 gesunde junge Frauen und Männer ins Schlaflabor und teilten sie in drei Gruppen. Die Probanden der ersten Gruppe durften neun Stunden pro Nacht schlafen, jene der zweiten maximal fünf Stunden und jene der dritten wochentags nur fünf Stunden, am Wochenende aber so lange sie wollten. Dazu beobachteten die Forscher das Essverhalten und die Gewichtsveränderung der Studienteilnehmer sowie deren Insulinempfindlichkeit - die anzeigt, wie gut Körperzellen auf das Hormon Insulin ansprechen.

Schlafende Frau im Bett

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Weniger empfindlich für Insulin

Ergebnis: Zu wenig Schlaf bringt den Stoffwechsel durcheinander. Die Probanden mit nur fünf Stunden Schlaf zeigten eine reduzierte Insulinempfindlichkeit – was ein erhöhtes Risiko für Typ-2-Diabetes bedeutet. Sie nahmen auch mehr Kalorien zu sich, vor allem in Form von Snacks nach dem Abendessen, und legten im Beobachtungszeitraum von zwei Wochen durchschnittlich mehr als ein Kilogramm zu. Der längere Schlaf am Wochenende konnte die negativen Folgen vom wochentäglichen Schlafmangel nicht ausgleichen. Im Gegenteil: Bei den Probanden der dritten Gruppe sank die Insulinempfindlichkeit sogar noch stärker.

Dieser Befund steht im Widerspruch zu einer Studie aus dem Jahr 2016. Damals hatten Forscherinnen berichtet, dass der Wochenendschlaf sehr wohl gegen ein längeres Schlafdefizit helfe. Die aktuelle Studie hat sich der Frage aber über einen längeren Zeitraum gewidmet. Fazit: „Wir haben keine Vorteile für den Stoffwechsel bei jenen Studienteilnehmern entdeckt, die versucht haben, Schlafmangel am Wochenende aufzuholen“, sagt Studienmitautor Chris Depner, ebenfalls von der University of Colorado. Normale Werte hatten nur die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die jede Nacht ausreichend schliefen.

Die Regelmäßigkeit macht’s

Auch der Neurologe und Schlafforscher Stefan Seidel von der Medizinuni Wien betont, dass es auf die Regelmäßigkeit ankomme. Wenn man einmal zu wenig Schlaf erwischt hat, könne man das schon nachholen, aber: „Das Prinzip ‚Stop and Go‘ - also drei Nächte irrsinnig kurz schlafen, dann eine Nacht nachschlafen, dann gleich wieder nächtelang fast durcharbeiten usw. - ist auf Dauer schlecht. Da wird man längerfristig übergewichtig, kriegt eine Insulinresistenz und wahrscheinlich früher oder später ein psychiatrisches Problem.“ Es sei die Gleichmäßigkeit des Schlafes, die vor Erkrankungen wie Diabetes schützt, so Seidel gegenüber science.ORF.at.

Gegen „Ausschlafen am Wochenende“ spricht natürlich nichts, betont der Forscher, der nicht an der aktuellen Studie beteiligt war. Ziel sei die goldene Mitte – also täglich zwischen sechs und acht Stunden Schlaf - mit einzelnen Ausnahmen. Schlaf nachholen in begrenztem Ausmaß sei auch möglich. „Aber man sollte sich davor hüten, immer nur nachholen zu müssen. Man sollte sich stattdessen, vielleicht wie am Bankkonto, einen guten Polster verschaffen.“

Julia Geistberger, Lukas Wieselberg, Ö1-Wissenschaft

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